Anklage gegen „Emir von Wedding“ Ismet D. und „Weisenratspräsident“ Emin F.

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Der „Emir von Wedding“ Ismet D.
Der „Emir von Wedding“ Ismet D.

Der selbst ernannte „Emir von Wedding“ Ismet D. (41, Inhaber einer Fassaden-Dämm-Firma) und sein Finanzbeschaffer Emin F. (43, angestellter Frisör in Schöneberg) sitzen seit dem 17. Januar 2015 mit kurzen Unterbrechungen in Untersuchungshaft in der JVA Moabit, weil sie für die Terrorvereinigung Islamischer Staat IS gearbeitet haben sollen.

Wie die Pressestelle des Generalbundesstaatsanwalts beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe heute Vormittag bekannt gab, hat die Bundesanwaltschaft am 6. November 2015 vor dem Staatsschutzsenat des Kammergerichts Berlin Anklage gegen die beiden in Berlin lebenden türkischen Staatsangehörigen Ismet D. und Emin F. erhoben.

Die Angeschuldigten sind hinreichend verdächtig, in neun Fällen die ausländische terroristische Vereinigung „Junud al-Sham“ („Die Soldaten Syriens“) unterstützt zu haben (§ 129a Abs. 5 i.V.m. § 129b Abs. 1 StGB) und davon in acht Fällen gleichzeitig eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben.

Die einer fundamentalistisch-islamistischen Weltanschauung unterliegenden Angeschuldigten förderten im Zeitraum von Juni 2013 bis November 2014 den bewaffneten Kampf der „Junud al-Sham“, indem sie es Glaubensbrüdern durch organisatorische Hilfestellung und die Zuwendung von Geldbeträgen ermöglichten, sich auf Seiten der Vereinigung am syrischen Bürgerkrieg zu beteiligen.

Außerdem ließen sie der „Junud al-Sham“ technisches Gerät und Geld zukommen.

Im Einzelnen veranlasste Emin F. in Abstimmung mit Ismet D. insgesamt in sieben Fällen Geldüberweisungen in einer Gesamthöhe von 7.750 Euro an die „Junud al-Sham“.

Außerdem ermöglichten beide Angeschuldigten bei einer Gelegenheit insgesamt vier Personen tschetschenischer Herkunft, sich an den Kampfhandlungen auf Seiten der Organisation in Syrien zu beteiligen, indem sie deren Flugtickets in die Türkei finanzierten und diese bis dorthin begleiteten.

Dabei ließen sie zusätzlich der Vereinigung Gerätschaften für den Einsatz bei Kampfhandlungen zukommen. In einem weiteren Fall wurde die Beschaffung von solchen Ausrüstungsgegenständen zumindest zugesagt.

Die Bundesanwaltschaft hatte beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 9. Juli 2015 Haftbefehle gegen Ismet D. Emin F. erwirkt. Die Beschuldigten sind dringend verdächtig, sich an der Beschaffung von Geld und Ausrüstungsgegenständen für die „Junud Al-Sham“ beteiligt zu haben sowie in die Rekrutierung und Schleusung von Kampfwilligen für die Vereinigung eingebunden gewesen zu sein. Ihnen wird daher vorgeworfen, gemeinschaftlich in mehreren Fällen eine ausländische terrorstische Vereinigung unterstützt und eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 und Abs. 5, § 89a Abs. 1 und Abs. 2, § 25 StGB).

Die ausländische terroristische Vereinigung Junud Al-Sham (Soldaten Syriens) ist eine radikal-islamistische Organisation, die medial erstmals im Sommer 2013 in Erscheinung getreten ist.

Ihr Ziel ist es, den syrischen Machthaber Assad zu stürzen und einen allein auf islamischem Recht (Scharia) basierenden Gottesstaat zu errichten. Dies versucht sie durch militärische Operationen zu erreichen, wobei sie zum Teil mit anderen terroristischen Gruppierungen kooperiert.

Unter anderem beteiligte sie sich im Februar 2014 gemeinsam mit der Jabhat Al-Nusra an einem Angriff auf das Zentralgefängnis in Aleppo. Die genaue Anzahl der kampfbereiten Mitglieder der Junud Al-Sham ist nicht bekannt, sie wird aber derzeit auf mehrere Hundert geschätzt.

In dieser Moschee in der Perleberger Straße in Moabit verhafteten vorgestern Polizisten den Omam Murat A. (30) als mutmaßlichen Terroristenhelfer. (Foto: googlestreetview)
In dieser Moschee in der Perleberger Straße in Moabit verhafteten am 14. Oktober 2015 Polizisten den Omam Murat Atajew (30) als mutmaßlichen Terroristenhelfer. Bereits am 17. Januar 2015 war die Moschee im Zusammenhang mit der Verhaftung der mutmaßlichen IS-Unterstützer Ismet D. (41) und Emin F. (43) durchsucht worden. (Foto: googlestreetview)

Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen betrieb der Beschuldigte Ismet D. gemeinsam mit dem Beschuldigten Emin F. unter dem Deckmantel eines Berliner Moscheevereins ein Netzwerk, über das sie die in Syrien agierende terroristische Vereinigung „Junud Al-Sham“ unterstützten.

Neben Ausrüstungsgegenständen sollen die Beschuldigten der Vereinigung Gelder in Höhe von insgesamt über 6.000 EUR verschafft haben. Darüber hinaus schleusten sie den Ermittlungen zufolge vier russische Staatsangehörige in das syrische Kampfgebiet, wo sich jedenfalls zwei von ihnen, wie geplant, den „Junud Al-Sham“ anschlossen.

Ursprünglich hatte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen gegen die Beschuldigten wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a StGB) geführt. Am 26. Juni 2015 hat die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Berlin übernommen und in der Folge beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs neue Haftbefehle gegen die Beschuldigten erwirkt.

Murat A. (, rechts im Bild, bürgerlich Gadhizmurad A., 30, ein russischer Staatsbürger aus Dagestan) wurde vorgestern als Imam Imam (religiös-politisches Oberhaupt) der Moschee Hicret Camii (Auswanderungsmoschee des Propheten Mohammed) in der Perleberger Straße in Moabit verhaftet, weil er Unterstützer für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) rekrutiert haben soll. Die Moschee gehört dem Jugend- und Familienberatungs- und Bildungszentrums e.V. Fussilet 33 e.V. aus der Reinckendorfer Straße 30 in Gesundbrunnen. (Foto: Moschee-Wervevideo auf Youtube aus dem Jahr 2012, Murat A. mit weißer Kappe umarmt einen frisch konvertierten Deutsch-Russen
Murat Atajew (rechts im Bild, bürgerlich Gadhizmurad Atajew, 30, ein russischer Staatsbürger aus Dagestan) wurde  am 14. Oktober 2015 als Imam  (religiös-politisches Oberhaupt) der Moschee Hicret Camii (Auswanderungsmoschee des Propheten Mohammed) in der Perleberger Straße in Moabit verhaftet, weil er Unterstützer für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) rekrutiert haben soll. Die Moschee gehört dem Jugend- und Familienberatungs- und Bildungszentrums e.V. Fussilet 33 e.V. aus der Reinckendorfer Straße 30 in Gesundbrunnen. (Foto: Moschee-Wervevideo auf Youtube aus dem Jahr 2012, Murat Atajew. mit weißer Kappe umarmt einen frisch konvertierten Deutsch-Russen)

Wie der inzwischen (am 14. Oktober 2015) ebenfalls verhaftete Imam (religiös-politisches Oberhaupt) der Moschee Hicret Camii (Auswanderungsmoschee des Propheten Mohammed) in der Perleberger Straße in Moabit, Murat Atajew (30), gegenüber der B.Z. bestätigte, ist Ismet D. „unser Vorsitzender“. Emin F. gilt als Weisenpräsident und Finanzverantwortlicher. Manchmal soll er auch in der Moschee Gläubigen die Haare geschnitten haben.

Die Moschee gehört dem Fussilet-33 Jugend- und Familienberatungs- und Bildungszentrum e.V. aus der Reinckendorfer Straße 30 in Gesundbrunnen.

Ismet D. stammt aus Mersin in der Türkei, lebt seit 15 Jahren in Deutschland und hat mit seiner Frau Sema D. drei Töchter (4, 7, 13) und einen Sohn (10).

Is­met D. soll seit Jah­ren als selbst er­nann­ter „Emir“ ei­ne is­la­mis­ti­sche Ex­tre­mis­ten­grup­pe in Mo­abit an­füh­ren. Wie die B.Z. er­fuhr, pre­dig­te der Kur­de als Imam (nach seiner Verhaftung am 17. Januar 2015 soll Murat Atajew in seine Fußstapfen getreten sein) re­gel­mä­ßig in der Hicret Camii-Mo­schee in der Per­le­ber­ger Stra­ße. Hier soll er beim „Is­la­m­un­ter­richt“ (im­mer don­ners­tags) sei­ne Grup­pe ra­di­ka­li­siert und auf die Teil­nah­me am Dschi­had im sy­ri­schen Bür­ger­kriegs­ge­biet vor­be­rei­tet ha­ben. Auch die Mo­schee durch­such­ten die Spe­zi­al­kräf­te schon mehrfach.​

Den Tipp auf das Netzwerk von Ismet D. soll die in Berlin lebende Witwe eines getöteten IS-Kämpfers aus Aserbaidshan gegeben haben – aus Rache. Denn ihr Mann war vom „Emir“ angeworben worden.

Selbst die Baufirma von Ismet D. soll dem Rekrutieren künftiger IS-Kämpfer gedient haben. Ein Mitarbeiter war der inhaftierte Syrien-Rückkehrer Murat S. (41). Ihm besorgte er gleich nach der Heimkehr einen Baustellen-Job.

Der in Wedding lebende Türke Murat S. (40) schwenkte für ein Facebook-Post mit seiner Tochter die Fahne mit dem islamischen Glaubensbekenntnis auf dem Tempelhofer Feld des ehemaligen Berliner Zentralflughafens Tempelhof. (Foto: Facebook Murat S.)
Der in Wedding lebende Türke Murat S. (41) schwenkte für ein Facebook-Post mit seiner Tochter die Fahne mit dem islamischen Glaubensbekenntnis auf dem Tempelhofer Feld des ehemaligen Berliner Zentralflughafens Tempelhof. (Foto: Facebook Murat S.)

Murat S., geboren in der Türkei, lebte unauffällig in Berlin-Wedding – verheiratet, vier Kinder, ein Job als Reinigungskraft bei der Deutschen Bahn. Und Hip-Hopper. Doch vor sechs  Jahren rutschte er in die Salafisten-Szene ab. Er ließ sich einen Bart wachsen, befolgte strenge muslimische Regeln. Er bekam Ärger im Job, wurde gekündigt.

Dann schloss er sich der Terror-Miliz Islamischer Staat ISIS an, kämpfte in Syrien für die Terror-Miliz. Murat S. wurde zum Sprengstoff- und Waffenexperten ausgebildet.

Im August 2014 kehrte er nach Berlin zurück. Nach BILD-Informationen soll Murat S. von ISIS größere Geldbeträge erhalten haben, um in Berlin in verantwortlicher Position Nachwuchs für die Terroristen zu rekrutieren. Zudem soll ISIS ihn auch für die Akquise neuer Kämpfer ausgebildet haben. Am 19. September 2014 nahm ihn ein Spezialeinsatzkommando in Berlin fest. Seit Sommer 2015 wird ihm vor dem Landgericht Berlin der Prozess gemacht.

Wie Berlin Journal berichtete, nimmt die  Zahl der radikalen Islamisten in Berlin rapide zu. Der Berliner Verfassungsschutz zählte Ende September 670 Salafisten, von denen er 350 als gewaltbereite Islamisten einstufte. Diese Zahlen entstammen einer bislang unveröffentlichten Antwort der Senatsjustizverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Tom Schreiber. Noch im Januar 2015 waren es 50 Salafisten und 20 gewaltbereite Islamisten weniger.

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