Architekten beklagen lahme Ämter und Bürgerproteste

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"Es darf nicht sein, dass die Erteilung einer Baugenehmigung je nach Bezirk zu einer Lotterie verkommt", schrieb der Vorsitzende des Bundes Deutscher Architekten Berlin, Andreas R. Becher, in einem offenen Brief an Berlins Regierenden Michael Müller, SPD (Foto: brh Architekten + Ingenieure GmbH, Lietzenburger Straße 51 in Berlin-Wilmersdorf)
„Es darf nicht sein, dass die Erteilung einer Baugenehmigung je nach Bezirk zu einer Lotterie verkommt“, schrieb der Vorsitzende des Bundes Deutscher Architekten Berlin, Andreas R. Becher, in einem offenen Brief an Berlins Regierenden Michael Müller, SPD (Foto: brh Architekten + Ingenieure GmbH, Lietzenburger Straße 51 in Berlin-Wilmersdorf)

Allein 2.500 Wohnungen können gerade in Berlin nicht gebaut werden, weil zuständige Fachämter chronisch unterbesetzt sind. Noch einmal 2.000 Wohnungen werden verhindert, weil Bürger dagegen protestieren und Bürgerinititativen bilden. Das beklagt der Bund Deutscher Architekten (BDA) Landesverband Berlin aus der Mommsenstraße 64 in Berlin-Charlottenburg in einem offenen Brief an Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Die zuständigen Sachbearbeiter in den Bezirksämtern seien kompetent und arbeiteten zügig. „Aber es fehlt überall an Personal.“ Und zu den Protesten: Selbstverständlich werde, wenn neu gebaut wird, „anderes verdrängt, seien es Parkplätze, Bäume, Kleingärten oder auch liebgewordene Baulücken.“ Die Interessen Einzelner müssten hinter den Interessen der Gemeinschaft zurückstehen.

In dem Brief heißt es: „In Berlin werden jährlich 15.000 neue Wohnungen gebraucht… Allerdings sind wir weit davon entfernt, den Bedarf an Wohnungen annähernd zu decken.“

Von rund 8.200 geplanten Wohnungen an etwa 100 Standorten in allen Bezirken seien lediglich 900 in Bau oder mittlerweile fertiggestellt. Das bedeute, dass etwa 7.300 Wohnungen vorerst nicht gebaut werden. Das ergab eine Umfrage unter 20 Berliner Architekturbüros.

„Die Stadt braucht eine funktionierende Verwaltung sowie einen handlungsfähigen Bausenator, der die Rückendeckung des Regierenden Bürgermeisters hat“, fordert der Bund Deutscher Architekten.

Der BDA Berlin empfiehlt die Wiedereinführung der Fach- und Rechtsaufsicht in den Bezirken.

Der BDA Berlin-Vorsitzende Andreas R. Becher schreibt in seinem Brief: „Bezirkliches Handeln ist nicht selten rechtswidrig, deshalb sollte es der Senatsverwaltung wieder ermöglicht werden, die Bezirke zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen zu verpflichten (Fachaufsicht) sowie in Rechtsfragen zu überstimmen (Rechtsaufsicht). Es darf nicht sein, dass die Erteilung einer Baugenehmigung je nach Bezirk zu einer Lotterie verkommt. Unsere Politik muss Hürden beseitigen, die Abstimmung zwischen Ämtern beschleunigen und bezirkliche Sonderregeln abschaffen.“

Im Roten Rathaus war gestern (18. Oktober 2016) keine Stellungnahme zu erhalten, dafür antwortete Bausenator Andreas Geisel (SPD) der Berliner Zeitung. „Die Stadt hat einen handlungsfähigen, für das Bauen zuständigen Stadtentwicklungssenator mit der Rückendeckung des Regierenden Bürgermeisters“, erklärte er.

Auf die vorgelegten Zahlen des BDA ging Geisel aber nicht ein, sondern verwies auf das Erreichte. 2015 seien knapp 11.000 Wohnungen gebaut worden. Tendenz steigend. In Neubaugebieten würden die Anwohner sehr früh an den Planungen beteiligt. Das schaffe Vertrauen und hoffentlich Akzeptanz. Baugenehmigungen müssten schneller erteilt werden, pflichtete er dem BDA bei. Allein in diesem Jahr seien aber 50 neue Stellen geschaffen worden. Dieser Aufbau müsse weitergehen.

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