Die 30-Millionen-Euro-Zusage der Freunde und Förderer der Staatsoper war wohl nur eine Luftnummer. Dennoch soll sie die Finanzierung der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden in Berlin Mitte durch den Bund beeinflusst haben, deren Baukosten von 190 auf 290 Millionen Euro in die Höhe schossen, gab der frühere Direktor der Stiftung Oper in Berlin, Michael Schindhelm, zu Protokoll. Er und der technische Direktor der Staatsoper, Hans Hoffmann, waren auf der Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Staatsoper-Skandal am Freitag, 25. September 2015, vernommen worden.
Einer der Fragesteller war der Diplomphysiker Wolfram Preiss, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin und Mitglied des Untersuchungsausschusses zum Staatsoper-Skandal.
Er teilte nach der Befragung der Direktoren mit:
„Die Aussagen des Zeugen Hans Hoffmann bestätigen unsere Vermutung, dass es im Vorfeld und während der Bauplanung keine vernünftige Bedarfsfeststellung gab. Weiterhin verwies Herr Hoffmann darauf, dass die Staatsoper viele Informationen zum eigentlichen Bauablauf gar nicht erhalten hat oder aus der Presse erfahren musste. So erklärte Hoffmann, nur aus Presseberichten über Bauzeitverlängerungen und Kostensteigerungen erfahren zu haben.
Auch auf die Frage, wie die 30 Millionen Euro-Zusage der Staatsopernfreunde zustande kam und wie er die Glaubwürdigkeit dieser Zusage bewertete, antwortete der Zeuge, er habe davon keine Kenntnis gehabt und davon ebenfalls lediglich aus der Presse erfahren. Damit konnte sich bereits zum zweiten Mal ein Zeuge auch auf Nachfrage partout nicht erinnern, wie es sich mit den 30 Millionen Euro verhielt. Die Spendenzusage scheint in einem luftleeren Raum getroffen worden zu sein.
Der zweite Zeuge Michael Schindhelm gab auf Nachfrage zu verstehen, dass er nicht wirklich von der Zusage der Freunde und Förderer überzeugt war. Er gab allerdings zu, dass diese die Rolle des Bundes in der Finanzierung beeinflusst haben könnte. Für uns bleibt die Rolle der Freunde der Staatsoper damit weiterhin im höchsten Maße dubios.
Der Verdacht, dass die Kommunikation zwischen allen Beteiligten insgesamt katastrophal war, erhärtet sich zusehends. Die extremen Sprünge im Kostenrahmen von 130 auf 290 Millionen Euro, die sich vor allem im Vorfeld der Planungen ergaben, konnten von keinem der bisher vorgeladenen Zeugen plausibel erklärt werden.“
Zusammen mit den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke hat die Fraktion der Piratenpartei einen Untersuchungsausschuss beantragt und durchgesetzt.
Dieser zweite Untersuchungsausschuss der 17. Wahlperiode soll die Ursachen, Konsequenzen und Verantwortung aufklären, die für die Kosten- und Terminüberschreitungen bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden verantwortlich sind.
Anders als reguläre Ausschüsse können im Untersuchungssauschuss Beweise gesichtet werden.
Die Rechtsgrundlage für den Untersuchungsausschuss basiert in großen Teilen auf der Strafprozessordnung. Deshalb ist eines der Kernstücke der Arbeit im Untersuchungsausschuss die verpflichtende Ladung und Befragung von Zeugen. Auf Basis der Sichtungen der Beweismittel und Aussagen der Zeugen wird zum Ende des Untersuchungsausschusses, also voraussichtlich im Mai 2016, ein Abschlussbericht veröffentlicht.
„Auch hier zeigt sich, dass der Untersuchungsausschuss ein vergleichsweise scharfes Schwert der Opposition ist. Jede Fraktion, die im Untersuchungsausschuss vertreten ist, kann ein abweichendes Votum schreiben und damit ihre Sicht auf die Sachverhalte noch einmal verdeutlichen“, so Pirat Wolfram Prieß.
Ohne Worte. Berlin und bauen. Aber immerhin ist das Gebäude fertig geworden.
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