„Blutsbrüder“: Volksbühne lässt das Berlin der 30er Jahre wieder aufleben

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Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz lässt im dritten Stock das Berlin der 30er Jahre wieder lebendig werden. (Foto: flickr/ Michael Fielitz)
Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz lässt im dritten Stock das Berlin der 30er Jahre wieder lebendig werden. (Foto: flickr/ Michael Fielitz)

Berlin ist in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts der Brennpunkt von Straßenkämpfen zwischen militanten Linken und Rechten. Die Stadtbevölkerung leidet ebenso wie das gesamte Land unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise. Mehr als 5 Millionen Deutsche sind ohne Lohn und Brot. Viele versuchen ihr Glück in Berlin, in der Hoffnung dort als Tagelöhner der eigenen Armut zu entkommen. Unter ihnen sind auch zahllose Jugendliche, die sich zu Banden und Cliquen zusammenschließen und sich mit Kriminalität, Prostitution und Gewalt konfrontiert sehen.

„Acht Jungens, sechzehn bis neunzehn Jahre alt. Einige sind aus der Führsorgeanstalt geflohen. Ihre Geburt, ihre früheste Jugend fiel in die Zeit des Krieges und Nachkrieges.“ So beginnt das aktuelle Theaterstück „Blutsbrüder“ im dritten Stock der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Das Stück basiert auf dem 1932 erscheinen Buch „Jugend auf der Landstraße Berlin“ des Journalisten und Sozialarbeiters Ernst Haffner (1900-1938). „Blutsbrüder“ wird in der Bühnenfassung von Thomas Martin aufgeführt und von Sebastian Klink inszeniert.

Im Zentrum der Handlung steht eine eben solche Jugendgang, die gleich zu Beginn das Ritual der Blutsbrüderschaft begeht: Mit einem Messer ritzt sich jeder der Bandenmitglieder in den Unterarm und lässt das Blut in einen Topf tropfen. Der Inhalt wird mit Bier vermengt und anschließend von allen getrunken. Dieser Akt soll die heimat- und hoffnungslosen Jugendlichen zusammenschweißen. Die Clique wird zur Ersatzfamilie. Sie soll Halt und Sicherheit in chaotischen Zeiten geben. Die Atmosphäre des rauen und unbarmherzigen Berlins der 30er Jahre wird dabei gekonnt eingefangen. Es wird viel gesoffen und geraucht, viel geschrien und gekämpft und vor allem viel berlinert.

„Eine Jugendgang. Eine Clique Obdachloser, geflohener Heimkinder, die sich auf dem Strich, in Kneipen, Markthallen und Kaufhäusern mit Taschendiebstählen und Schiebereien durchschlagen, an der Grenze zum Verhungern und Erfrieren, zwischen Alexanderplatz und Scheunenviertel, rund um die Volksbühne am Bülowplatz. Gewalt und Not werden einen Großteil der Deklassierten der Nationalsozialistischen Bewegung – deren Sprengkraft auch die einer Jugendbewegung war – zutreiben“, heißt es auf der Webseite der Volksbühne zu dem Stück.

Anführer der Bande ist der „Cliquenbulle“ Johnny (Sebastian Schneider), doch im Mittelpunkt des Geschehens stehen die beiden geflohenen Führsorgezöglinge Ludwig und Wilhelm (Patrick Güldenberg und Gabriel Schneider). Mit der Machtergreifung der Nazis ändert sich auch das Leben der Cliquenmitglieder. So taucht Jonnys Stellvertreter Fred (Rouven Stöhr) irgendwann mit Hakenkreuzbinde in der Stammkneipe auf und hat auf einmal nicht nur Geld, sondern auch ein völlig verändertes Auftreten. Und während die beiden abtrünnigen Blutsbrüder Friedrich und Wilhelm noch über ihre Zukunft nachdenken, steht der ehemalige Cliquenführer in KZ-Kleidung schon hinten an der Wand.

„Der Journalist und Sozialarbeiter Haffner, dessen Spur sich in der Zeit vor dem Krieg verliert, schildert recht detailreich die Kunst des Überlebens in der Hauptstadt eines durch die Weltwirtschaftskrise arg geschüttelten Deutschlands mit seinen 5 Millionen Arbeits- und Hunderttausenden von Obdachlosen. Er beschreibt die brutalen Erziehungsmethoden in den Führsorgeheimen genauso wie die elenden Bedingungen in Obdachlosenasylen, Wärmhallen und Hinterhofwohnungen. Der tägliche Kampf um Brot, Zigaretten und einen Platz zum Schlafen zwischen Bettelei, Kleindiebstählen und Prostitution steht neben der Schilderung echter Freundschaften einzelner Blutsbrüder und ihren ersten zaghaften Liebeleien“, schreibt Stefan Bock auf Der Freitag über das Stück.

Die Eintrittskarten kosten 15 Euro (ermäßigt 7,50 Euro). Die Spieldauer beträgt 3 Stunden und 20 Minuten, nach eineinhalb Stunden findet eine Pause statt. Als Kritikpunkt sei angemerkt, dass es eine Zumutung für die Theatergäste ist, dreieinhalb Stunden auf Holzbänken ohne Rückenlehne zu sitzen. Das macht es mitunter schwer, sich voll auf das Stück zu konzentrieren. Vermutlich wollten die Macher es dem Publikum so erleichtern, sich in die Atmosphäre der Armut und Hoffnungslosigkeit zu versetzen.

Blutsbrüder (Teaser) from StageBrothers on Vimeo.

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2 KOMMENTARE

  1. Sehr „WILLKOMMEN“ denn da ist soviele aktele Wahrheiten in die zB Brecht lieder wie gesungen durch Lotte Lenya. ( dieser Welt sei im Gründe wenig geändert);.

  2. was soll man da kommentieren – das ist der Spielplan und los geht es – was jeder davon hält- ist jedem seine Sache – wenn man so will kann man alles mit allem verknüpfen und Bezüge bis in die Uhrzeit herstellen – alles wiederholt sich in ähnlichen Situationen und ähnlichen Zeitabständen …….und das solange – bis die Menschen begreifen – das sie den Kopf nicht nur zum Haareschneiden haben …. Wir Menschlein sind die einzigen Lebewesen in der Natur – die mit einem Bewußtsein ausgestattet worden sind ……

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