Café Kranzler schließt – letzte Tasse Kaffee Silvester 2015

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Cafe Kranzler und der Modeshop GERRY WEBER schließen Ende 2015, die Eigentümer Versicherer Axa und der norwegische Staatskonzern wollen wieder ein Kranzlereck wie in den 1950er Jahren bauen, die Pläne sollen am 20. Oktober 2015 vorgestellt werden. Es soll wieder ein Cafe Kranzler geben, aber ohne den jetzigen Betreiber GERRY WEBER. (Foto: Gallery cafekranzler.de)
Cafe Kranzler und der Modeshop GERRY WEBER schließen Ende 2015, die Gebäude-Eigentümer Versicherer Axa und der norwegische Staatskonzern wollen das 2000 eröffnete Neue Kranzlereck wieder zu einem Kranzlereck umbauen, wie es in den 1950er Jahren war, die Pläne sollen am 20. Oktober 2015 vorgestellt werden. Es soll dann auch wieder ein Cafe Kranzler geben, aber ohne den jetzigen Betreiber GERRY WEBER aus Westfalen. (Foto: Gallery cafekranzler.de)

Die letzte Tasse frischgemahlenen italienischen Kaffees (3,70 Euro) und das letzte Stück Torte (4 Euro) werden Silvester 2015 serviert, dann schließt der Betreiber aus Westfalen, die GERRY WEBER Sportpark Hotel GmbH & Co. KG mit Geschäftsführer Ralf Weber, eine Institution an Kaffeehaus-Kultur in Berlin und ein Wahrzeichen der Berliner City West: das Café Kranzler am Kurfürstendamm 18 in Charlottenburg.

Schon in der wilden 20ern traf sich das bunte und gutbetuchte Berlin zum Klatsch im Kranzler. Und auch noch heute gilt: Wer nicht einmal unter den berühmten rot-weißen Markisen des Kranzlers saß und gesehen wurde, der war nicht wirklich in Berlin.

Doch das Café Kranzler ist nur zur Pacht am Ku’damm. Das Gebäudeensemble, in dem es im ersten Obergeschoss untergebracht ist, heißt Das Neue Kranzler Eck und gehört dem norwegischen Staatsfonds und dem Versicherer Axa aus Köln. Sie hatten die Immobilie Ende 2012 von der Royal Bank of Scotland erworben.

Und den neuen Eigentümern das 2000 eröffnete Neue Kranzler Eck in seiner jetzigen ige Aufteilung auf dem 20.000 Quadratmeter großen Areal zwischen Kantstraße und Kurfürstendamm zu piefig.

Die Eigentümer wollen das alte Kranzlereck aus den 1950er Jahren wieder auferstehen lassen. Die Außengastronomie soll wieder wie in den 1950er Jahren werden, als man noch direkt auf dem Bürgersteig seinen Cranzler-Kaffee schlurfen konnte. Jetzt geht das ja nur im Rondell oberhalb des Ku’damms.

Die vielen Touristen gelangen im Augenblick nur durch einen unscheinbaren Durchgang zwischen Cafe und Ampelmännchengeschäft in den großzügigen Innenhof mit einer riesigen Vogelvoilere. Das soll sich ändern.

Auch das Einkaufsangebot im zweigeschossigen Shoppingbereich ist den neuen Eigentümern viel zu klein. Die Kölner Axa Konzern AG träumt hier von einem Mode-Flagshipstore am Kurfürstendamm mit bis zu 3.000 Quadratmetern Verkaufsfläche.

Der Bauantrag für den Umbau wurde von den Eigentümern im Mai 2015 eingereicht.

Die genauen Pläne werden zum ersten Mal am Dienstag, 20. Oktober, um 17.30 Uhr im Stadtplanungsausschuss im Rathaus Charlottenburg in der Otto-Suhr-Allee 100 vorgestellt würden. Details kennen auch Bezirksverordnete noch nicht.

Nur eines steht für Stadtrat Marc Schulte (SPD) wie für Arne Herz, dem baupolitischen Sprecher der CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf, fest: Das Café Kranzler soll auch in umgebauten Neuen Kranzler Eck wieder erhalten bleiben.

Dann jedoch ohne Ralf Weber, der auch der Gerry Weber International AG aus Halle in Westfalen vorsteht. Die betreibt am Kurfürstendamm 19 im Komplex Neues Kranzler Eck einen Gerry Weber Modeshop. Es ist einer von 972 Shops von GERRY WEBER.

Die Axa-Pläne mit einer Ladengröße von mindestens 2.500 Quadratmetern nur für Mode passen nicht in das Shopkonzept der Westfalen. Dahe werde man den Immobiienpachtvertrag für den GERRY WEBER Shop, der auch das Café Kranzler mitbeinhaltet, Anfang 2016 nicht verlängern.

GERRY WEBER  suche deshalb „mit Hochdruck nach einer alternativen vergleichbaren Fläche“ für einen Modeshop – ohne Café Kranzler .

Ob und in welcher Form das neue Café Kranzler durch AXA oder einen neuen Pächter weitergeführt werden soll, entziehe sich der Kenntnis des alten Pächters GERRY WEBER.

Dabei hatte der alte Pächter noch bei der Übernahme des Café Kranzler im Jahr 2000 noch geschrieben:

Das Café Kranzler wird in das von Helmut Jahn erbaute Quartier „Neues Kranzler Eck“ integriert, obwohl es vollständig abgerissen werden sollte. Gerettet hat es der Denkmalschutz – und GERRY WEBER. Der internationale Lifestyle-Konzern hat sich der Leitung des traditionsreichen Cafés angenommen und hält das Erbe Johann Georg Kranzlers in Ehren. Das Interieur wurde modernisiert, die gemütliche Atmosphäre blieb erhalten. In der Rotunde bietet sich den Gästen ein herrlicher Ausblick und nostalgisches Kaffeehausflair mit Charme. Es ist leicht zu finden, denn GERRY WEBER hat die rot-weißen Markisen, Kranzlers Markenzeichen, beibehalten. Im neuen Kranzler vereinen sich Tradition und Moderne, was es nicht nur für Touristen, sondern auch für Berliner attraktiv macht. Und Prominenz trifft man am Ku’damm 18 natürlich auch heute noch – manche Dinge ändern sich eben nie.

Gründer des Cafés war der österreichische Konditor und spätere preußische Hofkonditor Johann Georg Kranzler (1795 – 1866). Nachdem er für 25 Reichstaler das Berliner Bürgerrecht erworben hatte, eröffnete er 1825 an der Ecke Friedrich- und Behrenstraße seine eigene Konditorei und weihte fast zehn Jahre später das Café Kranzler ein.

1835: Eröffnung des Cafés Kranzler an der Ecke Unter den Linden/Friedrichstraße. Mit Bedienung „von zarter Hand“ und einer „Musikbande, aus dem schönen Italien importiret“ wurde das Café ein voller Erfolg und beliebter Treffpunkt der „Oberen Zehntausend“ und des hohen Adels.

1911: Das Kranzler wird an die Berliner Hotelbetriebs AG verpachtet und 1923 von dieser ganz übernommen. Das Café erlebte eine weitere Blütezeit in den wilden Zwanziger Jahren.

1932: Das Café Kranzler wurde am Kurfürstendamm ursprünglich als Filiale des berühmten Hauptgeschäfts Unter den Linden Ecke Friedrichstraße eröffnet.

1945: Das Kranzler wurde im Krieg zerstört. Der Neubau von Hanns Dustmann 1957/58 prägte die Ecke.

Das nach dem Krieg 1958 wiedereröffnet Cafe Kranzler am Kurfürstendamm 18 in Berlin Charlottenburg wurde zum Wahrzeichen der City West. (Foto: Stadtmuseum Berlin)
Das nach dem Krieg 1958 wiedereröffnete Cafe Kranzler am Kurfürstendamm 18 in Berlin Charlottenburg wurde zum Wahrzeichen West-Berlins. (Foto: Stadtmuseum Berlin)

1958 Das Kranzler erhebt sich wie Phönix aus der Asche. Immer noch am Kurfürstendamm und unter der Leitung der Berliner Hotelbetriebs AG wurde es nach Entwürfen der Architekten Hanns Dustmann zu einem Berliner Wahrzeichen. Auf zwei Etagen, mit Marmorwendeltreppe, einer traumhaften Aussicht auf den Kurfürstendamm und dem seidenverkleideten Gastraum, wird es dem Mythos und der Kaffeehauskultur des „alten“ Kranzler mehr als gerecht. Die Gäste saßen im Erdgeschoss und auf dem Trottoir. Nach der Wiedereröffnung wurde die Kranzlerecke zum Wahrzeichen West-Berlins.

2000:  Das Quartier Neues Kranzler Eck wurde von 1998 bis 2000 vom Chicagoer Architekten Helmut Jahn auf dem Victoria-Areal gebaut. Das Café Kranzler zog in das Rondell im ersten Obergeschoss. Öffnungszeiten: täglich von 9 bis 18 Uhr.

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