Eiszeit zwischen Putin und Erdogan schmilzt – Köln erwartet Ausschreitungen

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Beim G20-Treffen in Antalya am 15. November 2015 plauderten Türkeipräsident Recep Tayyip Erdogan und der russiche Präsident Walidmir Putin noch als Freunde, neun Tage später begann am 24. November 2015 mit dem Abschuss einer russischen Sucho Su-24 an der türkisch-syrischen Grenze eine Eiszeit in den Handelsbeziehungen (Foto: Youtube)
Beim G20-Treffen in Antalya am 15. November 2015 plauderten Türkeipräsident Recep Tayyip Erdogan (links) und der russiche Präsident Walidmir Putin noch als Freunde, neun Tage später begann am 24. November 2015 mit dem Abschuss einer russischen Suchoi Su-24 an der türkisch-syrischen Grenze eine Eiszeit in den Handelsbeziehungen (Foto: Youtube)

Die Eiszeit zwischen dem russischen Staatschef Wladimir Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan schmilzt. Seit dem Abschuss eines russischen Jagdbombers Suchoi Su-24 an der türkisch-syrischen Grenze am 24. November 2015 waren die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei eingefroren.

Als Vergeltungsmaßnahme erließ Putin Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei. Von Januar 2016 an ist unter anderem die Einfuhr zahlreicher Agrarprodukte wie Orangen und Tomaten aus der Türkei verboten. Türkische Firmen brauchen künftig für Aufträge in Russland eine Sondergenehmigung. Aus Kreisen des staatlich kontrollierten russischen Energieriesen Gazprom hieß es, ein geplantes Gas-Pipeline-Projekt in die Türkei könnte gestoppt werden. Außerdem gilt  für Türken eine Visapflicht. Zuletzt reisten jährlich etwa vier Millionen Russen in die Türkei, die größte Gruppe nach den Deutschen. Anfang diesen Jahres stellte Russland alle Charterflüge ein.

Gestern reiste der türkische Vize-Premier Mehmet Simsek nach Moskau und traf sich mit seinem russischen Amtskollegen Arkadi Dworkowitsch. Im Ergebnis kündigten die Vizechefs an: Die Präsidenten beider Länder, Putin und Erdogan, werden am 9. August in Sankt Petersburg zusammenkommen.

Simsek sagte, man wolle das gegenseitige Verhältnis nicht nur verbessern, sondern auch weiter ausbauen. Ziel der Kontakte zwischen Russland und der Türkei sei es, die Beziehungen beider Länder „im beschleunigten Tempo zu normalisieren“, sagte Simsek. Dworkowitsch erklärte, Russland sei zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit. Zudem sollten die Handelsbeziehungen ausgebaut werden.

„Die türkische Seite hat sich für den Abschuss des russischen Jagdbombers entschuldigt. Dies hat die Grundlage für den schrittweisen Wiederaufbau unserer Beziehungen gelegt“, erklärte Dworkowitsch.

Die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei nehmen seit einigen Wochen Fahrt auf. Russland hat als eines der ersten Länder während des gescheiterten Putschversuchs durch Teile des türkischen Militärs am 15. Juli 2016 Erdogan den Rücken gestärkt. Am 22. Juli 2016 hat der russische Premier Dmitri Medwedew angeordnet, die russisch-türkische Kommission zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit wiedereinzurichten. Wenige Tage später hat das russische Verkehrsministerium die Wiederaufnahme von Charterflügen in die Türkei angekündigt. Die Beziehungen beider Völker seien auch während der politischen Eiszeit freundschaftlich geblieben, betonte Simsek beim Treffen mit Dworkowitsch.

Putin und Erdogan verbindet laut dem deutschen Auslandsjournalisten Gerd Höhler im Handelsblatt eine echte Männerfreundschaft. Als Putin 2014 lediglich zu einem eintägigen Arbeitsbesuch mit zehn Ministern nach Ankara reiste, machte Erdogan daraus einen pompösen Staatsakt mit allen Möglichkeiten des diplomatischen Protolls.

Das hat auch handfeste wirtschaftliche Gründe:

Die Beziehungen mit Russland seien für den türkischen Präsidenten gerade jetzt sehr wichtig, glaubt Wiktor Nadejin-Rajewski, Turkologe am Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Erdoğan wird vom Westen isoliert. Deshalb ist er auf die Zusammenarbeit mit Russland angewiesen“, erklärte er.

Ein demonstrativer Schritt seitens der Türkei sei auch die Aufnahme von Ermittlungen gegen die zwei Piloten, die am 24. November 2015 einen russischen Bomber über Syrien abgeschossen hatten.

Russland ist der größte Energielieferant der Türkei. Rund 65 Prozent ihres importierten Erdgases beziehen die Türken aus Russland, womit die Türkei für den Staatskonzern Gazprom der zweitwichtigste Abnehmer im Westen nach Deutschland ist.

Vor allem wegen der Gaslieferungen ist Russland der zweitgrößte Handelspartner der Türkei nach Deutschland. Ankara will zwar unabhängiger von Energieimporten werden, aber auch da hat Russland den Fuß in der Tür: Der Staatskonzern Rosatom baut gegenwärtig für rund 20 Milliarden Dollar das erste türkische Atomkraftwerk bei Akkuyu an der Mittelmeerküste. Rosatom wird den Atommeiler, der sechs Prozent des türkischen Strombedarfs decken soll, auch betreiben.

Aber es gibt auch Differenzen

In der Syrienpolitik gehen die Ansichten beispielsweise diametral auseinander. Während Recep Tayyip Erdogan seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs auf den Sturz des Assad-Regimes hinarbeitet, ist Wladimir Putin der engste Verbündete des Despoten von Damaskus. Ein weiterer Streitpunkt ist Russlands Annektierung der Krim – die Türkei sieht sich als Schutzmacht der türkischstämmigen Krimtataren und ist besorgt um deren Wohlergehen.

Außerdem wurde Erdoğans Familie vom stellvertretenden russischen Verteidigungsminister Anatoli Antonow des Ölhandels mit dem IS beschuldigt.

Aber Erdogan und Putin sind entschlossen, diese Differenzen auszuklammern. Nichts soll die Männerfreundschaft stören.

Türkei warnte am Montag (25. Juli 2016) Putin vor Putsch-Versuch in seiner Nachbarschaft

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat am Montagabend (25. Juli 2016) gesagt, dass die Organisation des Exil-US-Predigers Fethullah Gülen, der von Erdogan als Drahtzieher des türkischen Putschversuchs vermutet wird, als nächstes in Kirgisien einen Putsch-Versuch unternehmen könnte, berichtete das türkische Magazin Haberler. Der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew ist ein Kremlnaher und gleichzeitig Erdogannaher Politiker, der bei der Aussöhnung zwischen Putin und Erdogan die Schlüsselrolle gespielt hat.

Die Kölner Polizei befürchtet schwere Ausschreitungen bei angemeldeter Pro-Erdogan-Demo und vier Gegen-Demos am kommenden Sonntag in Köln.

Etwa 15.000 Anhänger der nationalistischen Erdogan-Partei AKP und der Union Europäisch-türkischer Demokraten (UETD), die als Auslandsorganisation der AKP gilt,  werden am Sonntag in Köln demonstrieren. Die Anhänger Erdogans demonstrieren von 10 bis 22 Uhr auf der Deutzer Werft gegen den Militärputsch-Versuch am 15. Juli 2016.

Ein Vorstandsmitglied der UETD aus Hagen hat die Demo angemeldet. Der UETD-Generalsekretär Bülent Bilgi betonte jedoch, dass hier ein breites, friedliches Bündnis aktiv werde. „Das ist keine Pro-Erdogan-Demo, wie immer behauptet wird“, schreibt der Kölner Stadtanzeiger.

Es würden auch Gruppen mitmachen, die Kritiker der türkischen Regierung seien. Man trete für Freiheit und Demokratie ein. „Wir wollen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Türkei nicht so endet wie Syrien.“

Zeitgleich werden vier Gegen-Kundgebungen – aller Voraussicht im Linksrheinischen stattfinden:

Die Jugendorganisationen von SPD, FDP, Grünen und Linkspartei veranstalten von 10 bis 18 Uhr eine Gegendemo, bei der 1.500 Teilnehmer erwartet werden. Der Titel der Demonstration: „Erdowahn stoppen“. Die Jugendverbände Kölner Parteien fordern von der türkischen Regierung: Mehr Demokratie und die Aufhebung des Ausnahmezustands sowie den sofortigen Stopp aller Bemühungen, die Todesstrafe wiedereinzuführen, die Erdogan 2004 abgeschafft hatte.

Das Bündnis „Köln gegen Rechts“ unter dem Motto „Gegen Nationalismus und Rassismus in der BRD und in der Türkei“ erwartet in der Zeit von 12 bis 22 Uhr rund 500 Teilnehmern. Anlass ist vor allem die Demo der rechtsextremen Organisation „Pro NRW“ mit 350 Teilnehmern zwischen 11:30 und 19 Uhr.

Die „Internationale Krefelder“ will mit 20 Teilnehmern von 11 bis 19 Uhr vor Ort sein.

„Wir rechnen damit, dass sich das linke Lager der Türken gegen Erdogan-Anhänger erheben wird. Das wird sehr emotional,“ erklärte Polizeisprecher Christoph Gilles, gegenüber dem Kölner Express. 2.000 Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet sollen die Kontrahenten auseinanderhalten.

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11 KOMMENTARE

  1. Vor diesen “DIKTATOREN“ zittert die ganze Welt.Darum hört man auch nichts anderes mehr in den Nachrichten.
    Ich habe es immer gesagt
    Dem Westen kann mann nicht trauen.TÜRKEI RUSSLAND CHINA.Diese drei Länder werden das sagen haben

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