In einem Vapiano kann man sich sein Essen aus vielen verschiedenen Zutaten selbst zusammenstellen und dann direkt zusehen, wie es zubereitet wird. Laut Vapiano SE-Chef Jochen Halfmann habe die Pizza- und Pasta-Restaurantkette mit Hauptsitz in Bonn für ihre Lebennsmittel „außergewöhnlich hohe interne Qualitäts- und Kontrollstandards”, die vom TÜV und vom SGS Institut Fresenius bestätigt worden seien.
Doch wie aktuelle und ehemalige Mitarbeiter gegenüber der Welt am Sonntag eidesstattlich und zum Teil vor laufender Kamera berichteten, habe das Unternehmen in einigen der 161 Restaurants (davon 66 in Deutschland), darunter in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Hannover und Köln, Lebensmittel einfach umetikettiert.
Die Mitarbeiter brachten Fotos mit, auf denen zu sehen ist wie frische Pasta und Rindercarpaccias am Folgetages des Ablaufs umgefüllt und neu etikettiert wurden, so dass sie noch 2 Tage länger als Frischware verwendet werden konnten.
„Die Nudeln, die wir verkauft haben, hatten manchmal einen grünlichen Schimmer”, zitierte das Blatt einen Mitarbeiter aus München. „Der Kunde merkt das nicht, da kommt ja Soße drüber.” Ein ehemaliger Angestellter in Hannover sagte der Zeitung, das Hühnchen habe zuweilen „eklig” gerochen. Ein früherer Mitarbeiter aus Frankfurt berichtete demnach, sein Chef habe ihn damals aufgefordert, den Wok heißer zu machen, „dann schmeckt man es nachher nicht mehr”.
Gastronomiebetriebe haben einen gesetzlichen Ermessensspielraum, wie lange Lebensmittel verbraucht werden können. Sie müssen laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz „selbst dafür geradestehen, dass die Ware noch genießbar“ ist. Sobald Gammelware auf den Tellern landet, „sei dies ein Fall für die Lebensmittelaufsicht vor Ort“.
Sollten sich die Vorwürfe erhärten, wäre dies nicht der erste Etikettenschwindel der Systemgastronomiekette. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Vor-Ort-Test des NDR-Magazins Markt ergeben, dass Vapiano in einer Hamburger Filiale Garnelen statt Scampis serviert.
Die beiden Tierarten unterscheiden sich äußerlich deutlich. Scampi haben im Gegensatz zu Garnelen Scheren und können nur in der Wildnis gefangen werden. Ihr Kilopreis liegt laut „Markt“ derzeit bei 32 bis 35 Euro, der von Garnelen dagegen bei nur 8 bis 13 Euro.
Nachgewiesen wurde der Etikettenschwindel laut NDR mit DNA-Tests. Serviert wurden demnach Tiere der Gattung Penaeus monodon – auch als Riesengarnelen bekannt – sowie der Art Litopenaeus vannamei, die unter anderem als Black Tiger angeboten wird. Beide dürfen in Deutschland jedoch nicht als Scampi verkauft werden.
Vapiano räumte auf Anfrage des NDR einen „Fehler“ ein. Die Garnelen stammten aus „intensiver Zucht“ in Vietnam. Man habe die Bezeichnung „Scampi“ bei allen Gerichten auf der Speisekarte in „Gamberetti“ geändert.
Die Fischkette Gosch, bei der die Tester in Hamburg zum gleichen Ergebnis kamen, wollte dem Bericht zufolge keine Stellungnahme abgeben. Gosch betreibt auch eine große Filiale am Berliner Hauptbahnhof.
Vapiano war auch wegen mutmaßlich manipulierter Arbeitszeitkonten in die Kritik geraten.
Die Zeitung Welt am Sonntag berichtete ebenfaslls, dass geleistete Arbeitsstunden in einigen Vapiano-Filialen – auch von Auszubildenden – nachträglich am Computer kleingerechnet worden seien. Die Zeitung beruft sich auf Informationen ehemaliger Mitarbeiter.
So habe man den Gewinn der jeweiligen Filiale höhergetrieben in der Erwartung, dass die betroffenen Mitarbeiter das nicht bemerkten: Die Manipulation sei für die Einzelnen nur gering gewesen, in der Summe könnten jedoch stattliche Beträge zusammenkommen.
Die Methoden zur Manipulation werden laut der Zeitung von neuen Restaurantchefs oder Schichtleitern gleich in den ersten Arbeitstagen „bei einer Zigarette vor der Tür“ erklärt. Ein ehemaliger Mitarbeiter schätzte, dass etwa in einem Drittel aller Betriebe, die Vapiano selbst betreibe, so gearbeitet werde.
Vapiano erklärte zu den Arbeitszeit-Manipulationsvorwürfen in einer Stellungnahme am 5. Juli 2015:
Jochen Halfmann, seit zwei Wochen Vorstandsmitglied und künftiger Vorstandsvorsitzender der VAPIANO SE: „Mich machen die geschilderten Fälle der Vergangenheit des Mitarbeiters Patrick S. und der Auszubildenden Selina M. und Stefanie R. sehr betroffen. So etwas darf nicht passieren. Zwar handelt es sich um Fälle aus der Vergangenheit, dennoch habe ich die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers mit einer schonungslosen und rückhaltlosen Aufklärung der Vorfälle beauftragt. Bei aufgedecktem Fehlverhalten werden wir personelle Konsequenzen ziehen.“ Nach dem Bericht der Welt am Sonntag soll es in bis zu neun der insgesamt 66 VAPIANO Restaurants in Deutschland ein Fehlverhalten von Schicht-, Restaurant- oder Bezirksleitern in Bezug auf Arbeitszeitregelungen und Stempelzeiten gegeben haben.
Gregor Gerlach, jetziger Vorstandsvorsitzender der VAPIANO SE: „Gemeinsam mit jedem Restaurant wird das Budget für das folgende Jahr mit einem durchschnittlichen Personalkostenanteil in Höhe von 35 Prozent geplant. Das ist ein in der Systemgastronomie sehr hoher Wert, aber von uns so beabsichtigt. Andere Restaurantketten liegen bei nur knapp über 20 Prozent. Wir aber nehmen höhere Personalkosten bewusst in Kauf. Es gäbe also eigentlich gar keinen Grund für etwaige Tricksereien bei Arbeits- und Stempelzeiten. Und wir gehen daher davon aus, dass es sich um einzelne Restaurants handelt, in denen womöglich gegen Regeln verstoßen worden ist, und nicht um systematisches Vorgehen über die Restaurants hinweg. Dennoch werden wir dies jetzt konsequent aufklären.“
Darüber hinaus kündigte VAPIANO an, noch in diesem Jahr einen klaren Verhaltenskodex zum Umgang mit Mitarbeitern und Auszubildenden einzuführen sowie einen Ombudsmann, also eine unabhängige Vertrauensstelle, einzurichten. Sollte es Beschwerden geben, können sich Mitarbeiter – auch anonym – an diese Vertrauensstelle wenden. Zudem wird VAPIANO ein neues Zeiterfassungssystem einführen, das unter anderem Änderungen an Stempelzeiten noch nachvollziehbarer dokumentieren soll. Gleichzeitig werden die vorhandenen Kontrollsysteme noch einmal verstärkt.
Rund 6.000 Menschen arbeiten für das Unternehmen. Vapiano hat nach eigenen Angaben im ersten Halbjahr 2015 das beste Ergebnis seit der Gründung vor 13 Jahren erreicht. Weltweit sei der Gewinn der Kette mit Pasta, Pizza und Salat um 35 Prozent, der Umsatz um knapp ein Zehntel gestiegen, sagte der Vapiano-Mitgesellschafter Gregor Gerlach, ohne absolute Zahlen zu nennen. 2014 lag der Umsatz bei 386 Millionen Euro, davon 175 Millionen Euro in Deutschland.
In Berlin findet man die täglich geöffneten 5 Vapianos im Hauptbahnhof (Washingtonplatz 2) in Moabit, am Potsdamer Platz 5 in Tiergarten, am Alexanderplatz (Rathausstraße 6) in Mitte, am Bahnhof Friedrichstraße (Mittelstraße 51-52) in Mitte, im Europa Center (Tauentzienstraße 9-12) in Charlottenburg und in der Nähe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (Augsburger Straße 43) in Charlottenburg.
Bestimmt lecker. Hmmm.
Burger King – McDonald’s – Vapiano kann man noch irgendeiner Kette vertrauen? Wird tatsächlich in Kettenrestaurants nur noch getrickst, gefälscht, betrogen?
Scheint ne neue Sitte in dem Geschäftsbereichen zu sein.
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