Gewerbehöfe: Nach Künstlerszene boomt die IT-Branche

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Gewerbehöfe Nach Künstlerszene boomt die IT-Branche
Die Heilig-Kreuz-Kirche in der angesagten Blücherstraße in Berlin-Kreuzberg (Foto: Till Krech via Flickr)

Nach dem Mauerbau 1961 verließ die deutsche Großindustrie wie Siemens oder Osram die von der sowjetischen Besatzungszone eingekesselte Insel West-Berlin und hinterließ leere Fabrikhallen.

Trotz Berlin-Hilfe-Gesetz verließen viele Bewohner die Inselstadt in Richtung Westen. Dennoch waren bezahlbare Räume für die verbleibenden Unternehmen nur schwer zu finden. Die Stadt litt unter sinkenden Steuereinnahmen und schwindenden Arbeitsplätzen.

Die Existenz vieler kleiner, vor allem gewerblicher Betriebe stand auf dem Spiel und bedrohte in Summe das wirtschaftliche Gefüge der Halbstadt. Um dies zu ändern, gründeten das Land Berlin, die Berliner Handwerkskammer und die IHK am 21. Juli 1965 die Gewerbesiedlungs-Gesellschaft GSG in der Franklinstraße 27 in Berlin Charlottenburg.

Der erste Ankauf war der Gewerbehof in der Blücherstraße in Berlin Kreuzberg. Bauherr der eindrucksvollen Gründerzeitvilla war die Ein- und Verkaufsgenossenschaft selbständiger Glasermeister Deutschland (EVG). Der Hof wurde und wird vor allem von Unternehmen aus den Branchen Druck, Medien, Film und EDV genutzt.

Heute betreut die GSG 1.800 Mieter an 40 Gewerbestandorten Berlins. Zum 50. Geburtstag konnte Geschäftsführer Oliver Schlink verkünden:  „Sehr gut läuft es in den Gründerzeitbauten in der Innenstadt. Da ist die Nachfrage im Moment so groß, dass wir sie kaum bedienen können.“ Schwieriger sei es in den Randbezirken. „Aber auch da ist es deutlich besser geworden, wenn man es mit den Jahren davor vergleicht.“

Früher kamen vor allem Künstler und Hausbesetzer

Für die ehemals heruntergekommenen Fabriketagen interessierten sich zunächst nur wenige Firmen im ummauerten West-Berlin. Die GSG wollte sie sanieren und eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Künstlerateliers anbieten.

Doch für einige ehemalige Fabriken interessierten sich eher Hausbesetzer und die Alternativszene.

IT-Startups bestimmen die Nachfrage

Der Häuserkampf ist aber lange vorbei.  Inzwischen läuft das Geschäft mit Berlins Gründerzeitgewerbehöfen so gut wie seit mehr als 70 Jahren nicht mehr. Der entscheidende Durchbruch sei erst vor wenigen Jahren gekommen, betont der zweite GSG-Geschäftsführer Sebastian Blecke im Berliner Inforadio. „Zwischen 2008 und 2010 fing ein wesentlicher Wandel an. Viele sagen, das waren Krisenzeiten. Aber das waren eigentlich gute Jahre für Firmen, die in einem sehr kleinteiligen Bereich Flächen anbieten konnten“, so Blecke. „Wenn Siemens 50 Ingenieure entlässt, dann tun die sich zusammen und sagen: Komm, wir gründen jetzt ein eigenes Unternehmen.“ Das sei der Aufbruch gewesen, der heute in der Stadt noch spürbar sei.

Nicht Industrie, sondern IT-Startups mit Wagniskapital bestimmen heute die Nachfrage. Viele wollen in einem historischen Gründerzeit-Gewerbehof sitzen. Weil es kaum noch Angebot, dafür aber große Nachfrage gibt, sind die Quadratmeter-Mietpreise in begehrten Lagen binnen weniger Jahre von 5,50 Euro auf 16 Euro explodiert – Tendenz weiter steigend.

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2 KOMMENTARE

  1. Ich mag diese mutigen Gründer. Die packen es an hier in Berlin. Und ich finde es immer so erfrischend mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Denn man trifft sie ja überall, weil sie eben doch nicht den ganzen Tag nur am Schreibtisch sitzen! Es scheint, ein Käffchen und am Abend ein Weinchen müssen schon sein.

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