Das Amtsgericht Hannover in Niedersachsen hat Haftbefehl gegen zwei Asylbewerber erlassen, die ihre Unterkunft im Block 4 in der Flüchtlings-Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen britischen Linsingen-Kaserne in der Süntelstraße in Hameln angezündet und sich jeweils Messer an die Kehlen gehalten haben, um so schneller Pässe und einen Heimaturlaub zu erpressen. Gegen die beiden Libanesen (21, 26) wurden Ermittlungen wegen schwerer Brandstiftung eingeleitet. 4 Helfer kamen ins Krankenhaus. Der Hamelner Landrat Tjark Bartels (SPD) bestätigte den Vorfall am Donnerstag. Die Libanesen wollten wegen eines Todesfalles in der Familie in ihre Heimat zurückzukehren.
In einer gemeinsamen Pressemitteilung rekonstruierte die Staatsanwaltschaft Hannover und die Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden den Vorfall so:
Am Mittwoch, 16.12.2015, gegen 18:20 Uhr, wurde zunächst durch den Sicherheitsdienst der Erstaufnahmeeinrichtung in der Linsingen-Kaserne der Polizei mitgeteilt, dass sich im Zufahrtsbereich des Unterkunftsgeländes zwei Flüchtlinge aufhalten. Die beiden Männer sollen sich jeweils ein Messer an den Hals gehalten haben und forderten dabei die Herausgabe ihrer Pässe sowie das Erscheinen der Polizei.
Den zuerst eintreffenden Streifenwagenbesatzungen gelang es, die beiden Flüchtlinge dazu zu bewegen, ihre Messer abzulegen. Nahezu zeitgleich wurde die Brandmeldeanlage im Block 4 der Flüchtlingsunterkunft (ehemalige Kaserne) ausgelöst.
Das Feuer in einem Unterkunftszimmer konnte von der alarmierten Feuerwehr schnell gelöscht werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden Betten vor die Zimmertür gestellt und dadurch eine Art Barrikade aufgebaut. Aus dem Zimmer heraus wurden die Matratzen dieser Betten vorsätzlich in Brand gesetzt. Die Brandleger flüchteten durch den Sprung aus dem Fenster ins Freie.
Durch vorherige Löschversuche und Durchführung der Gebäudeevakuierung wurden vier Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens leicht verletzt. Mit Verdacht auf eine Rauchgasintoxikation sind die Mitarbeiter vorsorglich in umliegende Krankenhäuser transportiert worden.
Bei den mutmaßlichen Brandlegern handelt es sich um die beiden Flüchtlinge, die vor dem Eingangstor das Erscheinen der Polizei forderten.
Die beiden Tatverdächtigen hatten bereits in den Nachmittagsstunden gegenüber dem Sicherheitsmitarbeitern geäußert, es werde ein Auto und ein Haus brennen, wenn man ihnen ihre Pässe nicht aushändigen sollte.
Zu diesem Zweck hatten die Männer in den späten Nachmittagsstunden in der Registrierung vorgesprochen und gaben bekannt, dass Sie in den Libanon zurück reisen wollen, ihnen aber die Pässe nicht ausgehändigt werden. Auch dort konnte man ihnen jedoch nicht helfen, da die Reisepässe zunächst von anderen Behörden angefordert werden mussten. Darüber hinaus waren die Bewohner nicht in der Lage, ihre Heimreise selbst zu finanzieren, so dass vor einer möglichen freiwilligen Ausreise erst entsprechende finanzielle Mittel über die Internationale Organisation für Migration beantragt werden mussten.
Die beiden Männer bewohnten das vom Brand betroffene Zimmer. Es handelt sich um zwei Flüchtlinge libanesischer Herkunft (21 und 26). Beide Tatverdächtige wurden vorläufig festgenommen und zur Polizeidienststelle verbracht.
Es wurden Ermittlungen wegen schwerer Brandstiftung aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft Hannover stellte beim Amtsgericht Hannover Haftanträge. Das Gericht erließ am späten Donnerstagnachmittag Haftbefehl gegen die beiden Männer. Diese wurden am Donnerstagabend einer Justizvollzugsanstalt zugeführt.
Landrat Tjark Bartels zeigt sich entsetzt über das Vorgehen der vermeintlichen Brandstifter, die mit ihrer Tat eine Vielzahl an Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern in Gefahr gebracht haben. „Keine persönliche Dramatik rechtfertigt es, billigend in Kauf zu nehmen, dass andere Menschen zu Schaden kommen. Solch ein Vorgehen fordert eine konsequente strafrechtliche Verfolgung“, so Bartels.
Unter den Bewohnerinnen und Bewohnern war in den Stunden nach dem Brand eine große Betroffenheit zu spüren, teilte der Landrat mit. Auch sie zeigten kein Verständnis für das Handeln der beiden vermeintlichen Brandstifter. Gegen 23:00 Uhr konnte der Block in der Brandnacht wieder freigegeben werden und fast alle der evakuierten 168 Bewohner durften in ihre Zimmer zurückkehren. 16 Bewohner aus direkt an den Brandherd angrenzenden Zimmern wurden in einem anderen Wohnblock untergebracht. In der Kaserne leben mehr als 700 Flüchtlinge.