Kann der Leipziger Investor Oliver Bechstedt die Krampnitz-Kaserne retten?

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Seit das Panzerregiment der Roten Armee im Jahr 1994 die alte Heeresreitschule Krampnitz im Potsdamer Vorort Fahrland verlassen hat, sind die denkmalgeschützten Gebäude dem Verfall preisgegeben.

Die einzigen, die sich darüber freuen können, sind Filmschaffende:  Oscar-Preisträger Jean-Jaques Annaud („Der Name der Rose“) drehte im Jahr 2000 in der Kaserne den Film „Duell – Enemy at the Gates“, für den auf dem Gelände der Rote Platz in Moskau aus Pappmaschee nachgebaut wurde. Die 90-Millionen-Euro-Produktion war der teuerste Film, den Paramount Pictures je in Europa drehte.

Tom Cruise nutzte die Kaserne 2007 als Kulisse für den Hollywood-Kassenschlager Operation Walküre.

Auch George Clooney und seine Crew dürfte die düstere Stimmung gefallen haben, schließlich drehte das Team um den US-Star auf dem Gelände im Frühjahr und Sommer 2013 einige Szenen für das Weltkriegsdrama „The Monuments Men“.

Auch der letzte Teil der „Tribute von Panem“-Reihe, „Mockingjay Teil 2“, der am 19. November 2015 in den deutschen Kinos startet, wurde unter anderem auf dem Kasernenareal in Krampnitz gedreht.

Doch aus der maroden Filmkulísse will nun der Leipziger Investor Oliver Bechstedt über seine Firma Gartenstadt-Gesellschaft Hellerau AG (GGH AG) auf dem 110 Hektar großen Gelände in traumhafter Lage zwischen Fahrlander See und Krampnitzsee bis zum Jahr 2023 eine Wohnstadt mit 1.600 denkmalsanierten Wohnungen für 3.800 Menschen zuzüglich einiger Einfamilienhäuser mit einer Gesamtinvestition von 193 Millionen Euro bauen.
Die geplanten Luxuswohnungen könnten pro Quadratmeter Wohnfläche 2.300 Euro kosten und müssten von den künftigen Eigentümern vor Beginn der Sanierung gekauft werden, da sie sonst nicht in den Genuß der Steuerabschreibungen für Denkmalsanierungen kämen.

Mit großem Interesse beobachtet der Baukonzern Eduard Züblin AG aus Stuttgart das aktuelle Geschehen an der Entwicklung des Krampnitz-Geländes.  Hinter Züblin steht die österreichische Konzernmutter Strabag, die zu Teilen dem Moskauer Oligarchen Oleg Deripaska gehört. So gesehen könnten die Russen auf diese Art nobel nach Potsdam zurückkehren.

Das dortige Projekt werde „im Rahmen der üblichen Akquise aufmerksam verfolgt“, sagte eine Züblin-Konzernsprecherin Anfang August 2015 dem Berliner Stern-Investigativreporter Hans-Martin Tillack.

Doch noch muss Oliver Bechstedt um die Anerkennung als rechtmäßiger Käufer des Areals ringen.

Denn die TG Potsdam GmbH, hinter der der Hannoveraner Ex-Anwalt und Ex-Notar Ingolf Böx stand und die das Areal im Jahr  2007 vom Land Brandenburg für 4,1 Millionen Euro gekauft hat, obwohl laut Gutachten der Staatsanwaltschaft Potsdam die Landesimmobilie 2007 rund 9,7 Millionen Euro wert war, hat nicht das Finanzministerium des Landes Brandenburg beim Kaufpreis veräppelt (der Verantwortliche Finanzminister Rainer Speer, SPD, wurde deswegen 2007 mit 51 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand geschickt).

Der Hannoveraner Böx schmückte sich zudem mit fremden Investorenfedern. Böx tat so, als erwerbe er das Areal für den dänischen Konzern Thylander Gruppe und versprach, das Gebiet zu einem Wohngebiet zu entwickeln. Böx hatte aber nur das Firmenloge der Dänen auf das Kaufangebot kopiert.

Als er das Areal gekauft hatte, verscherbelte er zwei große Teilgrundstücke für 7,1 Millionen Euro an den gelernten Gas- und Wasserinstallateurmeister und heutigen Großinvestor Gerald Breschke und seinen Geschäftspartner Rüdiger Tolle aus Niedersachsen, die als Geschäftsführer einer Projekt Rentenvorsorge OHG (bis 2010 GbR) aus Langenhagen auftraten.

Die Projekt Rentenvorsorge OHG fiel bei der Suche nach Käufern für denkmalsanierte Eigentumswohnungen durch eigenartige Hebelgeschäfte auf. Käufer sollten sich mit Genussrechten (stille Teilhaberschaften) an einer Mitteldeutschen Capital Management AG beteiligen. Die würde eine jährliche Rendite von 12 Prozent abwerfen. Das so erwirtschaftete Geld würde reichen, dass man in 16 Jahren den Restkredit auslösen könne. Wenn die Beteiligung allerdings floppt, verkehrt sich das Ziel der Kredittilgung ins Gegenteil, warnen Anlegerschutzanwälte.

Böx log sogar noch vor dem eingesetzten Untersuchungsausschuss des Landes im März 2011. Weil er aber die uneidliche Falschaussage im Krampnitz-Untersuchungs-Ausschuß schließlich vor dem Amtsgericht Potsdam gestand, sah das Gericht 2014 von einer Strafe ab. Böx musste als Auflage 3.000 Euro an Flüchtlinge spenden.

Die Bank von Böx hatte den Kaufvertrag mit der ehemaligen landeseigenen Gesellschaft BBG schon im Jahr 2009 im Namen von Böx aufgekündigt, ohne, dass die BBG das Finanzministerium darüber informiert hatte.

Das Verwaltungsgericht Potsdam entschied im Jahre 2014, dass der Rahmenvertrag der Stadt Potsdam mit Böx Firma TG Potsdam GmbH aus dem Jahre 2008 wieder aufgelöst werden musste, der Privatinvestoren erlaubte, die Krampnitz-Kasernen zu Wohnzwecken zu nutzen.

Das Land Brandenburg kämpft als Noch-Eigentümer gerichtlich um die Rücknahme der Auflassungsvormerkungen für die  TG Potsdam GmbH in den Krampnitz-Grundbüchern. Doch das Landgericht hat dem Land wenig Chancen eingeräumt, weshalb das Finanzministerium zu Vergleichsverhandlungen tendiert.

Der Potsdamer Baustadrat Matthias Klipp (Grüne) wollte für die Stadt beide enteignen: das Land und die TG Potsdam GmbH. Jedoch wurde er vor der radikalen Maßnahme beurlaubt, weil er über eine private Grundstücksaffäre gestolpert war.

Nun schien der Zeitpunkt günstig für einen Vorstoß des neuen Eigentümers der TG Potsdam GmbH, Oliver Bechstedt, der die Firma im Herbst 2014 übernahm.

Er machte der Stadt und der stadteigenen Entwicklungsgesellschaft ET ein überraschend großzügiges schriftliches Angebot, mit dem die Enteignungspläne und alle anhängigen Gerichtsverfahren mit einem Schlag vom Tisch gefegt werden sollten. Oliver Bechstedt bot folgendes an:

  1. Volle Umsetzung der stadteigenen Pläne in Krampnitz.
  2. Hinterlegung einer Erfüllungsbürgschaft in Höhe von 20 Millionen Euro zwei Monate, nachdem ein Vergleich zustande gekommen ist. Damit sichert die TG Potsdam GmbH dem Land die Erfüllung des Vertrags zu, selbst wenn sie insolvent geht.
  3. Die TG-Gruppe verpflichtet sich, keine Grundstücke en bloc an einen Investor zu verkaufen.
  4. Es werden keine Privatstraßen gebaut.
  5. Die TG-Gruppe übernimmt die Erschließungskosten des neuen Quartiers und überträgt die Straßen kostenlos an die Stadt.
  6. Überdies will die TG-Gruppe sich per Vertrag mit dem Entwicklungsträger verpflichten, an denkmalgeschützten Gebäuden Sicherungsmaßnahmen durchzuführen.

Doch das Vertrauen ist durch den vorherigen Besitzer der TG Potsdam GmbH Ingolf Böx bei den Stadtvätern von Potsdam zu stark erschüttert. Die Stadt verlangt vom neuen Besitzer Oliver Bechstedt folgende Sicherheiten:

1. Sofortige Sicherungsmaßnahmen an den denkmalgeschützten Gebäuden. Dächer, Eingänge und Fenster müssen sofort versiegelt werden und so vor Witterung geschützt werden.

2.  Es muss ein neuer städtebaulicher Vertrag abgeschlossen werden. Darin müssen die Bauvorhaben detailliert beschrieben werden.

3. Im Städtebauvertrag müssen auch Vertragsstrafen bei Nichterfüllung stehen. Dazu gehört die Zahlung von Ausgleichsbeträgen und eine Klausel, dass Krampnitz an Potsdam fällt, wenn der Vertrag nicht erfüllt wird.

Der Chef des für die Stadt zuständige Entwicklungsträgers (ET), Bert Nicke, sagte den Potsdamer Neuesten Nachrichten: „Wir haben die TG Potsdam gebeten, sich bis zum 28. September 2015 zu äußern, ob jetzt ein Vergleich gemäß der gesetzlichen Anforderungen angestrebt wird.“ Für diesen Fall habe die Stadt zugesagt, unmittelbar in Vergleichsverhandlungen zu treten. Nicke: „Bei erfolgreichem Abschluss ist eine Entwicklung des Areals im Konsens möglich.“

Für die TG sagte Anwalt Karl-Josef Stöhr, man sei kompromissbereit und jetzt zuversichtlich, dass es zu einer gemeinsamen Entwicklung des Standorts Krampnitz kommen werde: „Die Sache ist auf einem guten Weg.“

Sollte die Einigung mit der Stadt gelingen, wartet allerdings noch weiterer Ärger: Einige Milchbauern sind mit der Entschädigung für den Verlust von Weideland nicht zufrieden und haben auch Klage gegen die TG Potsdam GmbH eingereicht.

Oliver Bechstedt ist derweil so stark eingespannt, dass er für ein Interview für das Berlin Journal bis Redaktionsschluss nicht persönlich zur Verfügung stand.

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13 KOMMENTARE

  1. Die Kaserne hat riesen großen Wert. Ich wünsche mir, dass Hollywood mehr in Deutschland dreht. Unsere Geschichte ist so interessant, sie sollte so realistisch wie möglich erzählt werden können. Ich halte nichts von diesen neuen Animationstechniken.

  2. Die Gartenstadt-Gesellschaft gehört meines Erachtens doch zu großen Teilen dem hier beschriebenen Leipziger Immobilienunternehmer Oliver Bechstedt. Bechstedt ist bekannt geworden mit der Sanierung und dem Verkauf von denkmalgeschützten Immobilien. Empfehle zur Abrundung der Informationen diesen Link!

  3. Vor allen geht es immer nur um Luxuseigentum!!! Ich finde es ne Frechheit!!! Noch 25 Jahre nach der Einheit stoßen sich Wessis hier im Osten mit Grund und Boden sowie mit im, Schnitt 20 Jahre leerstehenden Gebäuden gesund!!!

    • Aber die Leute die drann hängen, un die die dann das Wohneigentum kaufen nicht! Wann wird endlich mal was für die Leute hier gethan, die nicht so gut bemittelt sind??? Es gibt so viele Gebäude, die leer stehen und leider zerfallen!! Wo mann sozialwohnungen drauss machen kann!!

  4. Wenn das da alles so toll wäre. Jaja. Wer will schon in einem sehr kleinem ehemals einem Nazioffizier dienende Häuschen wohnen. Und die größeren Gebäude. Naja. Ich wollte da nicht wohnen. So idyllisch ist es im übrigen auch nicht. Der See liegt jenseits der stark befahrenen Bundesstraße. Und nach Potsdam rein ist es auch nicht so ganz nah.

    Im Übrigen ist der damalige Min der Finanzen nicht wegen Krampnitz zurückgetreten.

  5. Guter Bericht. Habe gehört das Oliver Bechstedt bereits alles klar gemacht hat. Na ja, wird von Gysi vertreten.

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