Auf dem Parkplatz vor dem Hotel Novotel am S-Bahnhof Tiergarten wird am Wochenende nicht nur gern mit altem Schnickschnack getrödelt. Der Parkplatz ist auch ein beliebter Treffpunkt für Leute, die sich auf Mitfahrgelegenheit.de verabreden wollen.
Doch im Augenblick hält tagsüber kein einziger BVG-Bus am S-Bahnhof. Nur die S-Bahnlinien S5 von Spandau nach Strausberg Nord, S7 von Potsdam nach Ahrensfelde und die S75 von Westkreuz nach Wartenberg machen einen Halt. Mit Ausnahme einer Nachtbuslinie zwischen 23 Uhr und 7 Uhr besteht keine Umsteigemöglichkeit zum übrigen öffentlichen Nahverkehr. Verloren steht der Reisende an der Straße des 17. Juni.
Das könnte man leicht ändern, dachten sich im Vorjahr die Stadtväter und wollten den S-Bahnhof Tiergarten an die Buslinie 106 anbinden.
Die kommt von Norden in der Seestraße aus dem Wedding und fährt über den Großen Stern mit der Goldelse bis hinunter zum S- und Regionalbahnhof Südkreuz.
Am U-Bahnhof Hansaplatz könnte die lange Buslinie auch noch einen kleinen Umweg über die Klopstockstraße verkraften und so den S-Bahnhof Tiergarten einbinden.
Fahrgäste könnten dann direkt vom Virchow-Klinikum im Wedding oder dem Berliner Großmarkt in Moabit zum Tiergarten kommen und, so man will, nahtlos nach Schönebergt zur Urania, zum Nollendorfplatz, zum Kleistpark oder Kaiser-Wilhelm-Platz reisen.
Doch der Traum scheitert an 20 Zentimetern Straßenbreite.
Alles war schon beantragt und genehmigt, doch als die Berliner Verkehrsbetriebe BVG die Strecke in den Fahrplan 2014/2015 aufnehmen wollten, stellten die BVG fest. Sie könnten die Klopstockstraße gar nicht langfahren, da die Straße für den Bus zu schmal sei.
Mindestens 6,50 Meter wären nötig, gegeben waren nur sechs bis 6,30 Meter. Zudem stellte sich heraus: Der Asphalt war sanierungsbedürftig und ein Teil der Straße einem Privatunternehmen als „Sondernutzungsfläche“ für ein Bauwerk zur Verfügung gestellt worden.
Wer hat da geschlafen?
Der Bezirk Mitte hat die Umleitung der Linie 106 durch die Klopstockstraße zwar beschlossen. Doch man messe dort keine Straßenbreiten aus, das müssten schon die BVG machen.
Die BVG, so Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU), habe schlicht nicht ausreichend geprüft, beziehunsgweise das Straßen- und Grünflächenamt nicht involviert. „Wir haben uns an das Standardverfahren gehalten“, sagte Spallek der Morgenpost.
Die BVG kontern: Wenn der Bezirk die Straße für „Sondernutzungsflächen“ sperre, sei das Interesse für die neue Buslinie wohl eher gering. Außerdem seien bis 2004 Busse der Linie 123 durch die Klopstockstraße gefahren, ganz ohne Problem, aber nun sei der Bürgersteig zu groß geworden.
Dem Bürgersteig Bürgersteig zu verkleinern oder die Parkspur wegzunehmen, kommt für den Bezirk nicht in Frage. Eine Verbreiterung der Straße auch nicht – dann müssten nämlich Bäume sterben. Und überhaupt sei kein Geld für Maßnahmen dieser Art im Haushalt von Mitte nicht vorgesehen.
Die BVG betont, dass sie für Lösungen offen sei. Warum nicht den Parkstreifen anpassen? Doch Stadtrat Spallek ist mit dem Thema vorerst durch. So hält also weiterhin kein Bus am S-Bahnhof Tiergarten und am 4-Sterne-Familienhotel Novotel.