Der Eichenprozessionsspinner Thaumetopoea processionea ist ein nachtaktiver Schmetterling und gehört zur Familie der Zahnspinner Notodontidae. Seit 2004 tritt er in Berlin und Brandenburg verstärkt auf.
Schwerpunkte der Besiedlung in Berlin sind in Steglitz-Zehlendorf (ehemaliger Kontrollpunkt Dreilinden, Kronprinzessinnenweg / Königsweg), Charlottenburg-Wilmersdorf (Havelchaussee und Tiefwerder, Schanzenwald, Jungfernheide), Spandau (Hakenfelde) und Reinickendorf (Bernauer Straße, Tegeler Forst).
Eigentlich ist er in Süd- und Mitteleuropa heimisch und neigt besonders nach Trockenjahren zu Massenvermehrungen, die zu Kahlfraß an Eichen führen können.
Die Tiere aus dem Mittelmeerraum haben im Zuge der Klimaerwärmung auch in Deutschland die Bäume heimgesucht.
Die Raupen der Prozessionsspinner sind gefährlich, da sie ab dem 3. Larvenstadium Brennhaare entwickeln, die bei Berührung auf der Haut schmerzhafte Reaktionen hervorrufen können, wesentlich intensiver als Brennesseln.
Ältere Rauben haben kurze giftige Nesselhaare, die sie vor dem Fressen durch Vögel und Säugetiere schützen, aber beim Menschen durch Berührung Nesselsucht und lang andauernde Allegien und durch Einatmen der Härchen Entzündung der Bronchien, Asthma bis hin zu einem allergischen Schock mit Kreislaufkollaps auslösen.
Die Raupen haaren. Die Nesselhaare sind leicht brüchig, haben Widerhaken und können durch Luftströmungen über weite Strecken getragen werden, weshalb man befallene Eichen weiträumig umgehen sollte. Vor Ort sind Brennhaare auch nach Jahren in sogenannten Gespinstnestern enthalten beziehungsweise reichern sich im Unterholz und im Bodenbewuchs in der Umgebung der betroffenen Eichen an. Ebenso bleiben die Haare viele Jahre in den verlassenen Nestern. Deshalb sollten Nester nach wie vor nicht selbst entfernt werden.
Die befallenen Bäume stehen meist an sonnigen Waldrändern, aber auch freistehend in Parks, Gärten, Freibadanlagen und auf Sportplätzen. Darüber hinaus können auch Haustiere die Brennhärchen „verschleppen“ und in die häusliche Umgebung tragen. Besonders gefährdet sind hiervon Tiere, mit denen unter vom Eichenprozessionsspinner befallenen Eichen spazieren gegangen wird.
„Das Auftreten der Eichenprozessionsspinner im Berliner Stadtgebiet ist in diesem Jahr lokal sehr verschieden“, teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt mit. „Raupen und Nester traten in einigen Bezirk auf, aber meist auf geringem Niveau mit relativ kleinen (Handteller) Nestern.“
Berlin bekämpft den Eichenprozessionsspinner mit Pheromon-Fallen, mit denen die Schmetterlinge angelockt und getötet werden, und mit Staubsaugern, die die Larven aus den Nestern an den Eichen absaugen.
Ende Juli 2015 wurden die ersten Falter der Eichenprozessionsspinner in den Pheromon-Fallen gefangen. Damit endete der diesjährige aktive Bekämpfungszeitraum mittels Absaugen der Nester und den darin befindlichen Puppen. „Aus Gründen des Gesundheitsschutzes sollten weiterhin vorhandene Nester entfernt werden“, empfiehlt der Senat. Und warnt: „Damit findet jedoch keine Reduktion der kommenden Generation mehr statt.“
Durch die starke Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners in Berlin in den letzten Jahren kam es zu einer zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigung der Bevölkerung. Insbesondere in den stark betroffenen Bezirken Berlins wie Steglitz-Zehlendorf, Spandau oder auch Treptow-Köpenick war eine alleinige mechanische Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners aus organisatorischen und finanziellen Gründen nicht mehr ausreichend.
Deshalb initiierte die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales 2012 eine verwaltungsübergreifende Arbeitsgruppe, um mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, dem Berliner Pflanzenschutzamt, den Berliner Forsten sowie den Bezirken ein präventives Vorgehen zu vereinbaren.
2013 wurde erstmalig die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners mit einem Biozid durchgeführt. Die Bezirksämter von Berlin haben im Zeitraum von Mitte April bis Mitte Mai überall dort, wo befallene Eichen vorhanden sind und sich Menschen häufig und über längere Zeit aufhalten – wie zum Beispiel in der Nähe von Kitas, auf Schulhöfen oder an Bushaltestellen – ein Biozid mit dem Wirkstoff “Margosa-Extrakt” ausbringen lassen. Der Befall war in den einzelnen Berliner Bezirken sehr unterschiedlich. Je nach Stärke des Befalls wurden in den Bezirken zwischen 30 bis zu 4.480 Bäume behandelt.
Es handelt sich dabei um ein Fraßgift mit hohem Wirkungsgrad (circa 75 Prozent), das gut anwendbar, verfügbar und weitgehend umweltverträglich ist. Bei seiner Anwendung werden nur solche Insekten beeinträchtigt, die diesen Wirkstoff durch ihre Fraß- oder Saugtätigkeit aufnehmen. Bienen sind deshalb durch diesen Wirkstoff nicht gefährdet.
Der begrenzte Zeitraum der Anwendung ergibt sich aus dem Lebenszyklus der Raupen des Eichenprozessionsspinners, die bereits ab Ende Mai, dem dritten Larvenstadium, ihre Brennhaare ausbilden.
Die Bekämpfungsaktion 2013 war sehr erfolgreich und soll jährlich in den den stark betroffenen Bezirken wiederholt werden. Ob in Ihrem Bezirk eine Bekämpfung durchgeführt wird, erfahren Sie in Ihrem Gesundheits- oder Grünflächenamt.
Zuständigkeiten für Bäume und mögliche Gegenmaßnahmen in Berlin:
Bei Befall auf auf privaten Grundstücken: Eigentümer und Nutzer.
Bei Befall auf öffentlichen Grundstücken: Grünflächenämter der Bezirke und Berliner Forsten.
Ansprechpartner in den Stadtbezirken:
Charlottenburg-Wilmersdorf Grünflächenamt 030 – 9029-14488 und 9029-14489
Friedrichshain-Kreuzberg Bezirksamt – Zentrale 030 – 0298-0
Lichtenberg Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt 030 – 90296-6373
Marzahn-Hellersdorf Bezirksamt – Zentrale 030 – 90293-0
Mitte Naturschutz- und Grünflächenamt 030 – 9018-33110
Neukölln Grünflächenamt 030 – 90239-2285
Pankow Prenzlauer Berg, Weißensee, Alt-Pankow 030 – 90295-8554 und 90295-8555
Reinickendorf Gesundheitsamt 90294-5180
Spandau Herr Wollert 030 – 90279-7024, Frau Rybacki 030 – 90279-3029, Frau Jentsch 030 – 90279-2721
Steglitz-Zehlendorf Bezirksamt – Zentrale 030 – 0299-0
Tempelhof-Schöneberg Grünflächenamt 030 – 90277-3740
Treptow-Köpenick Grünflächenamt 030 – 90297-5967
Das Land Brandenburg kämpft mit Hubschraubern, Sprühkanonen und Staubsaugern gegen die Eichenprozessonsspinner.
Hubschrauber versprühen über Eichenwälder Insektizide gegen die Eichenprozessionsspinner. Das Gift tötet zwar die Raupen, aber nicht die neuen Larven in den Nestern. (Foto: Youtube)
Die Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners unter der Leitung des Brandenburger Forstministeriums hat für das Jahr 2015 die Abschlussbilanz zur Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen und eine erste Prognose für 2016 vorgelegt.
„Durch die gut koordinierte Zusammenarbeit von Ministerien, Landkreisen und Kommunen mit dem Landesbetrieb Forst und den Straßenbauverwaltungen konnte der Schädling, dessen Massenvermehrung nicht durch natürliche Gegenspieler begrenzt werden kann, 2015 erfolgreich reduziert werden“, unterstreicht Brandenburgs Forstminister Jörg Vogelsänger.
In diesem Jahr wurden rund 1,3 Millionen Euro zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners aufgewendet. Dabei wurden die Raupen auf rund 3.100 Hektar großflächig bekämpft. Verwendung fand das selektiv wirkende Insektizid DIPEL ES, welches mit Hubschraubern ausgebracht wurde. Darüber hinaus wurden Eichen an Straßen und Autobahnen auf einer Länge von insgesamt 194 Kilometern sowie weitere 24.000 Einzelbäume mit Sprühkanonen vom Boden aus behandelt. In besonders sensiblen Bereichen wurden die Raupen und deren Nester mechanisch durch Absaugen entfernt.
Nordwesten des Landes bleibt Schwerpunkt
Für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners Ende Mai herrschten in diesem Jahr optimale Witterungsbedingungen. Die Schwerpunkte der Bekämpfung lagen auch 2015 in den nordwestlichen Landkreisen Prignitz und Ostprignitz-Ruppin. In den Landkreisen Havelland, Oberhavel, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald gibt es weiterhin vereinzelte Befallsherde.
Ausbreitung nach Süden schreitet voran
Entwarnung kann jedoch nicht gegeben werden. Die Monitoringdaten zur Befallsdichte und – wie erwähnt – fehlende natürliche Gegenspieler lassen in naher Zukunft keinen Zusammenbruch der Populationen erwarten. Zudem hat sich der Eichenprozessionsspinner weiter in den Süden Brandenburgs ausgebreitet und ist erstmals auch im Landkreis Elbe-Elster vermehrt aufgetreten. Deshalb werden weitere Maßnahmen 2016 unbedingt notwendig sein. Vogelsänger appelliert deshalb an die für Pflanzenschutzmittel zuständigen Bundesbehörden, die Zulassung geeigneter Mittel zur Bekämpfung der Schadinsekten rechtzeitig zu gewährleisten.
Der Eichenprozessionsspinner ist ein Nachtschmetterling, der von Ende Juli bis Anfang September fliegt. Ein Weibchen legt 100 bis 200 etwa 1 mm große weiße Eier ausschließlich im oberen Kronenbereich von Eichen. Für die Eiablage sucht sich der Schmetterling meist freistehende, ältere Bäume am Waldrand, auf Feldern oder Wiesen aus. Die Gelege werden mit grauen Schuppen in der Farbe der Eiche und mit Sekret getarnt.
Anfang Mai schlüpfen die jungen Raupen. Auf der breiten Rückenlinie liegen samtartig behaarte Felder mit rotbraunen, langhaarigen Warzen. Die Raupen durchlaufen fünf bis sechs Entwicklungsstadien bis zur Verpuppung (Zeitspanne 66 bis 87 Tage). Ältere Raupen (nach der zweiten Häutung) besitzen kurze und lange Härchen, wobei die kurzen Härchen als Brennhaare (Setae) ausgebildet sind. Die Brennhaare, die einen Giftstoff vergleichbar dem Thaumetopoein des Pinienprozessionsspinners enthalten, schützen die Raupen vor Fressfeinden wie Vögeln und Säugetieren. Von Beginn an leben sie in geselligen Familienverbänden und sammeln sich in jüngeren Stadien an locker zusammen gesponnen Blättern oder Zweigen. Die typischen Nester werden erst in den folgenden Raupenstadien gebaut.
Mitte Juni ziehen sich die älteren Raupen tagsüber zur Häutung in typische, mit Kot und alten Larvenhäuten gefüllte und bis zu 1 m lange Gespinstnester am Stamm und in Astgabelungen zurück. Vom Nest aus begeben sich die Raupen wie in einer Prozession auf die Nahrungssuche. Jüngere Raupen gehen eher im Gänsemarsch, ältere Tiere können in mehreren Reihen (20 bis 30 Raupen) nebeneinander her wandern und Bänder von bis zu 10 m Länge bilden. Ab Mitte/Ende Juni erfolgt die Verpuppung in Kokons im Gespinstnest. Die Brennhaare werden bei diesem Prozess zwar abgelöst, jedoch in die Kokons mit eingesponnen. Die Nester können mehrere Jahre als feste Gebilde aus Spinnfäden, Raupenkot, Häutungsresten und Puppenhülsen erhalten bleiben.
Was ist zu tun, wenn man mit den Nesselhaaren des Eichenprozessionsspinners in Berührung gekommen ist?
Dazu antwortete Dr. med. Gudrun Luck-Bertschat, Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz aus der Oranienstraße 106 in Berlin Kreuzberg:
Bei Augenbeteiligung sollte ein Ophthalmologe zur Spaltlampenuntersuchung hinzugezogen werden. Die Behandlung ist auf rein symptomatische und supportive Maßnahmen zur Linderung der Beschwerdesymptomatik beschränkt. Zur Anwendung kommen Kortikosteroide und Anti-Histaminika, bei Lungenbeteiligung mit Bronchospasmen können Bronchodilatatoren notwendig werden. Neben den akutmedizinischen Maßnahmen kommt der Verhaltensprävention eine besondere Bedeutung zu. Befallsgebiete sollten, wenn möglich, gemieden werden, insbesondere bei Vorhandensein von Warnhinweisen durch die Gartenbauämter der Bezirke und die Berliner Forsten. Wenn das Gebiet dennoch betreten werden muss, sollte auf ausreichenden Haut-, Augen-, Nasen- und Haarschutz durch Bedecken geachtet werden. Dies gilt insbesondere für Personen, die aus beruflichen Gründen betroffene Gebiete betreten müssen.
Nach einem möglichen Kontakt mit Raupenhaaren sollte ein sofortiger Kleiderwechsel mit Duschbad und Haarreinigung vorgenommen werden. Die Kleidung ist anschließend in der Waschmaschine zu waschen, benutzte Gegenstände, auch Kraftfahrzeuge, sind ebenfalls sorgfältig innen und außen zu reinigen. Sind betroffene Stellen an freiliegenden Hautpartien zu beobachten, sollten diese vorsichtig mit Wasser und Seife gewaschen und am besten mit dem Haarfön getrocknet werden, um das Einreiben weiterer Brennhaare (z. B. abgebrochene Teilstücke) zu vermeiden.
Eine Kaltkompresse kann erste Linderung gegen mögliche Schwellungen und den Juckreiz verschaffen.
Eine Fachinformation für die Bevölkerung zum Eichenprozessionsspinner, seinen gesundheitlichen Gefahren und Präventionsmöglichkeiten, die gemeinsam mit dem Pflanzenschutzamt Berlin entwickelt wurde, ist darüber hier abrufbar.