Mutmaßlicher Leibwächter Bin Ladens darf bleiben – weil Folter drohe

1596
1
TEILEN
Sami A. (39) gilt als einer der gefährlichsten Salafisten in Deutschland. Weil er unter Terrorverdacht steht, könne nicht in seine Heimat Tunesien abgeschoben werden, da ihm dort bei Vernehmungen Folter drohe (Foto: Youtube/SPIEGEL TV)
Sami A. (39) lebt in Bochum und gilt als einer der gefährlichsten Salafisten in Deutschland. Weil er unter Terrorverdacht steht, könne er nicht in seine Heimat Tunesien abgeschoben werden, da ihm dort bei Vernehmungen Folter drohe (Foto: Youtube/SPIEGEL TV)

Der Tunesier Sami A. (39) soll Leibwächter und Vertrauter von Al-Quaida-Chef Osama Bin Laden gewesen sein. Seit elf Jahren lebt er mit seiner eingebürgerten tunesischstämmigen Frau und vier Kindern, die einen deutschen Pass haben, in einer Arbeitersiedlung in der Stahlhauser Straße in Bochum im Ruhrgebiet von Nordrhein-Westfalen.

Eigentlich müsste er längst aus Bochum in seine Heimat Tunesien abgeschoben sein – doch ihm drohe zuhause Folter

Sami A. bestreitet bis heute, zu den Sicherheitsleuten um Osama Bin Laden gehört zu haben, aber allein der Verdacht reiche seiner Meinung nach aus, dass er in seinem Heimatland gefoltert werde, sobald er dorthin abgeschoben werden würde.

Das Verwaltungsgericht folgte am Mittwoch (15. Juni 2016) seiner Auffassung und entschied: Sami A. darf entgegen der Ausweisungs-Anordnung des Bundesamtes für Asyl weiter in Bochum bleiben, weil die Lage in Tunesien für ihn zu gefährlich sei.

„Grundsätzlich“, sagt Carsten Herford, Vizepräsident des Gelsenkirchener Verwaltungsgerichtes gegenüber dem Nachrichtenportal DerWesten, „bleibt A. ausreisepflichtig“. Nur nach Tunesien dürfe man den Mann derzeit nicht abschieben. Das Land sei zwar seit dem sogenannten arabischen Frühling „auf einem guten Weg“, für Sami A. aber ist es nach Einschätzung der Richter immer noch zu gefährlich dort. „Der Mann ist ein ganz spezieller Fall.“

Das Verwaltungsgericht will „Folter“ und „menschenunwürdige Behandlung“ nicht ausschließen. Besonders wenn es in Tunesien zu einem neuen Terroranschlag kommen sollte. Das Auswärtige Amt habe Informationen, dass gerade Menschen gefährlich leben würden, die im Verdacht stehen, zur Islamistenszene zu gehören.

Gerade weil Sami A. zu den Terrorverdächtigen zählt, darf er nicht abgeschoben werden.

Carsten Herford sagte dem WDR: „Aufgrund seiner Nähe zu Al-Quaida droht ihm auf jeden Fall mit Sicherheit, dass er bei der Einreise vernommen wird. Und es ist nicht klar, dass dann bei dieser Vernehmung alles rechtsstaatlich abläuft.“

Der Al-Quaida-nahe Salafist Sami A. (39) reiste 2005 nach Deutschland für ein Technikstudium (Foto: Youtube/SPIEGEL TV)
Der Al-Quaida-nahe Salafist Sami A. (39) reiste 2005 nach Deutschland für ein Technikstudium (Foto: Youtube/SPIEGEL TV)

Die Verhandlung am Mittwoch war nicht die erste, in der die deutsche Justiz sich mit A. beschäftigen musste. Die Bundesanwaltschaft hatte bereits im März 2006 ein erstes Ermittlungsverfahren eingeleitet, um den Anfangsverdacht zu prüfen, er könne Mitglied in einer ausländischen terroristischen Vereinigung sein. Das Verfahren sei aber 2007 eingestellt worden, „weil die Ermittlungen den Tatverdacht nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Sicherheit erhärten konnten“, wie die Karlsruher Behörde damals mitteilte.

Frau und Kinder seien heute kein Hinderungsgrund mehr, den verdächtigen Salfisten Sami A. aus Bochum abzuschieben, stellte Herford klar. Ausschlaggebend sei einzig und allein die politische Situation in Tunesien gewesen. „Und die“, kündigte der Vizepräsident an, „werden wir regelmäßig überprüfen“.

Der deutsche Verfassungsschutz hat den Hassprediger Sami A. seit zehn Jahren im Visier. Das Bundesamt für Asyl stützt seine Ausreise-Anordnung, die das Vewaltungsgericht Gelsenkirchen nun aufhob, darauf, dass Sami A. in einem Al-Qaida-Camp in Afghanistan ausgebildet worden sein soll. Anschließend soll er in die Leibwache des saudischen Terror-Fürsten Osama bin Ladens aufgerückt sein, der am 1. Mai 2011 mit 54 Jahren getötet wurde.  Sami A. soll einst ein enger Vertrauter des einst meistgesuchten Terroristen der Welt gewesen sein. Darüber hinaus gilt der 39-Jährige nach Einschätzung von Verfassungsschützern auch aktuell noch als „gefährlicher Prediger“ und Drahtzieher und Rekrutierer in der deutschen Islamistenszene. Er soll Al-Qaida-Terroristen persönlich kennen, denen führende Rollen bei den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA und dem Attentat auf die Synagoge der Ferieninsel Djerba 2002 zugeschrieben werden.

Seit 2005 soll er sich in Bochum aufhalten und dort Elektrotechnik studiert haben. Er sei mit der erklärten Absicht, ein Technikstudium zu absolvieren, nach Deutschland eingereist. Regelmäßig hält er in Bochum Vorträge in verschiedenen Moscheen. Er gelte daher auch als mitverantwortlich für die Radikalisierung von zwei Mitgliedern der mutmaßlichen Düsseldorfer Al-Qaida-Zelle. Amid C. aus Bochum und Halil S. aus Gelsenkirchen sollen bei ihm ideologisch ausgebildet worden sein – zur Vorbereitung für einen Bombenanschlag in Deutschland, wofür sie vor 2012 vors Oberlandesgericht Düsseldorf kamen.

Nun lebt der Salafist Sami A. weiter in Bochum, wo er sich täglich einmal bei der Polizei melden muss, und kassiert Geld vom deutschen Staat, wie NRW-Innenminister Ralf Jäger bestätigte.

Comments

comments

TEILEN

1 KOMMENTAR

Comments are closed.