In NRW dürfen erstmals geistig Behinderte wählen

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Bei der Landtagswahl in NRW dürfen erstmals auch rund 22.000 geistig Behinderte mit abstimmen, die dauerhaft voll betreut werden. Das sind Menschen, die zum Beispiel ihr Erspartes nicht selbst verwalten dürfen.

In NRW dürfen geistig Behinderte erstmals Hannelore Kraft (SPD) oder Armin Laschet (CDU) wählen. (Screenshot: YouTube)
In NRW dürfen geistig Behinderte erstmals Hannelore Kraft (SPD) oder Armin Laschet (CDU) wählen. (Screenshot: YouTube)

Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen dürfen zum ersten Mal auch rund 22.000 geistig Behinderte mit abstimmen, die dauerhaft voll betreut werden. Das sind Menschen, denen die Verantwortung für alle Bereiche des Lebens abgenommen worden ist.

Voll betreute Menschen dürfen etwa ihre Arzttermine nicht selbst ausmachen, ihr Erspartes nicht selbst verwalten und einen neuen Ausweise nicht selbst beantragen. Bisher durften sie auch nicht wählen. Sie waren vom Wahlrecht ausgeschlossen.

Doch seit einigen Jahren setzen sich Verbände, Behindertenbeauftragte und linke Politiker dafür ein, dass endlich auch die bundesweit knapp 85.000 voll betreuten Menschen wählen dürfen. Schließlich dürften demente Senioren auch mit abstimmen.

Es sei „nicht hinnehmbar, so vielen Menschen pauschal ein elementares Bürgerrecht vorzuenthalten“, zitiert Spiegel Online etwa eine Äußerung von Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (67, SPD) vom April.

Inzwischen haben Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein als einzige zwei Bundesländer die bisherige Regelung abgeschafft. Hier dürfen voll betreute Menschen nun bei Landtagswahlen mit wählen. Am Sonntag geschieht dies erstmals in NRW.

Im letzten Jahr hat eine Studie im Auftrag des Bundessozialministeriums ergeben, dass die Erteilung einer Betreuung in allen Angelegenheiten sich je nach Bundesland stark unterscheidet. In Bayern ist die Wahrscheinlichkeit rund 26-mal so hoch wie in Bremen.

Politische Schlagkraft hat die kleine Gruppe der voll Betreuten nicht. Doch darum geht es offenbar auch nicht. Es geht ums Prinzip. Warum dürfen Demenzkranke im Altersheim wählen, Behinderte in einer Wohngemeinschaft hingegen nicht?

Die UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland unterschrieben hat, fordert von den Staaten, „sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können“.

Rund die Hälfte der 28 EU-Staaten ist beim Wahlrecht für Behinderte weniger streng. So dürfen etwa in Finnland, Irland oder den Niederlanden ausnahmslos alle Bürger wählen. In anderen EU-Staaten kann das Wahlrecht nur von einem Richter individuell entzogen werden.

Bei der Bundestagswahl werden voll Betreute auch dieses Jahr voraussichtlich nicht mit abstimmen dürfen. Kerstin Tack, die behindertenpolitische Sprecherin in der SPD, hat der Union vorgeworfen, eine entsprechende Wahlrechtsänderung schon seit Monaten zu blockieren.

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112 KOMMENTARE

  1. geistig behindert Wehlen lassen ist wie Seulingen wählen lassen beide haben ein recht zum leben aber leider schaffen sie es nicht alleine.

  2. Man haben die es nötig, bekommen wohl sonst keine Stimmen mehr was?Und körperliche behinderte konnten schon immer wählen, also gehe ich davon aus, das sie geistig meinen frage mich aber jetzt, ob das legitim ist?

  3. Geschäftsunfähigkeit wegen psychischer Beeinträchtigung
    Personen (gleich welchen Alters), die sich in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, der die freie Willensbestimmung ausschließt und seiner Natur nach nicht nur vorübergehend ist. Willenserklärungen geschäftsunfähiger Personen sind nichtig, also rechtlich unwirksam.
    Die Regelung findet sich in § 104 Nr. 2 BGB
    § 104
    Geschäftsunfähigkeit

    Geschäftsunfähig ist:
    1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
    2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Nach meiner Kenntnisnahme sind Personen, die nicht geschäftsfähig sind, auch NICHT wahlberechtigt. :-/

    • Eine geistige Behinderung, bedeutet nicht automatisch, dass der Betroffene auch Geschäftsfähig ist, weshalb sollte so ein Mensch nicht sein Wahlrecht wahrnehmen dürfen?

      • Klar, warum sollten geistig Unzurechnungsfähige nicht über die Geschicke des Landes abstimmen dürfen? Warum nicht auch das aktive und passive Wahlrecht ab Vollendung des siebenten Lebensjahres?
        In einer „Demokratie“ geht es um Stimmvieh – nicht um politisches Verständnis.

        Aber deine Feststellung: „Eine geistige Behinderung, bedeutet nicht automatisch, dass der Betroffene auch Geschäftsfähig ist“
        …ist schon putzig. — Was soll man da noch sagen…?

    • Bei der Geschäftsfähigkeit geht es hauptsächlich darum, ob geschlossene Verträge gültig sind. Das ja nun nicht unbedingt was mit dem aktiven oder passiven Wahlrecht zu tun.

  4. Die Stimme der behinderten soll keine Schlagkraft haben. Was passiert dann mit diesen stimmen? Kommen die in den Müll

  5. BGB § 104
    Geschäftsunfähigkeit

    Geschäftsunfähig ist:
    1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
    2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist …
    Das ist offizieller Wahlbetrug, denn Personen, die nicht geschäftsfähig sind, auch NICHT wahlberechtigt.

  6. „Geistig Behinderte“ dürfen seit Jahrzehnten wählen. Andernfalls hätten wir ja eine Politik für Menschen, nicht gegen sie. Neu ist nur, dass Menschen wählen dürfen, die nichts dafür können, dass sie die Folgen ihrer Wahl nicht abschätzen. Was heute in NRW passiert und bald in ganz Deutschland passieren wird ist politischer Autismus.

  7. Was die sich alles einfallen, um an Wählerstimmen zu kommen… Das BGB (§104, Geschäftunfähigkeit) wird einfach mal außer „KRAFT“ gesetzt!!!

  8. dann kann man nur hoffen, dass die betreuenden pflegekräfte auch die „richtige“ einstellung zur wahlhilfe haben, denn letzlich werden diese ja die entscheidung entsprechend treffen und nicht nur beeinflussen.
    völliger irrsinn.

  9. Hier kommentieren viele, die Null Ahnung von der Materie haben und nicht einmal erklären könnten, ab wann man bei jemanden von einer geistigen Behinderungen ausgeht, oder was der Unterschied zwischen einer seelischen und geistigen Behinderung ist

  10. Voll betreute Menschen sind nicht unbedingt gesitig behinderte Menschen, das können auch Menschen mit psychischem Leiden sein. In erster Linie brauchen sie hilfe, was nicht bedeutet, dass sie aus dem politischen Geschehen – besonders bei so grundlegenden Sachen, wie das Recht zu wählen – ausgeschlossen werden müssen.

    • Von denen ist aber hier nicht die Rede!
      Lesen – im Sinne von geistig erfassen – sollte man schon können, bevor man „wählen“ will…

  11. Ich möchte Sie bitten, solche Aussagen zu unterlassen. Geistig Behinderte sind meistens liebevolle und ehrliche Menschen, die leider auch leicht zu beeinflussen sind. Es ist für diese Menschen, die nichts für Ihre Krankheit können , beleidigend mit der Regierung verglichen zu werden.

  12. Es ist kaum anzunehmen, dass ein wegen geistiger Behinderung Vollzeit betreuter Mensch in der Lage ist, politische Zusammenhänge richtig zu verstehen. Basierend auf welchen Grundlagen soll er denn seine Wahlentscheidung treffen? Bekanntlich ist ja zum Beispiel die AWO sehr stark SPD dominiert.
    Also wird vermutlich der Betreuer des Behinderten die Wahlentscheidung für seinen Schützling treffen.
    Welche Parteien davon profitieren werden, kann man sich dann denken.
    Es sieht eher danach aus, als ob sich das Altparteienkartell mehr Spielraum für Manipulationen verschaffen möchte.

  13. Frau Kraft!
    Au due Mobilisierung Ihresgleichen hat Ihnen Gott sei Dank nicht geholfen den Wahlausgang in irgendeiner Form zu manipulieren!

  14. Hat sich irgendjemand von denen die hier zum Teil ziemlich abwertende Worte von sich geben schon mal in einer Behindertenwerkstatt umgesehen? Die Leute arbeiten dort für einen Lohn für den so einige hier nicht einmal morgens aufstehen würden, zahlen von ihrem geringen Einkommen sogar Krankenkassen- und Pflegekassenbeiträge, sind benachteiligt für ihre Kinderlosigkeit bei der Pflegeversicherung. Jeder Cent der zu viel an Sozialhilfe gezahlt wurde wird umgehend mit der nächsten Zahlung verrechnet. Wer gesund ist und seinen Lebensunterhalt selbst erwirtschaften kann und selbst für sich entscheiden kann sollte dankbar sein und denen die „anders“ sind doch ihre Menschenwürde lassen.

  15. Also ich will sie jetzt nicht schockieren, aber ich glaube nicht, dass es sich dabei ums erste Mal handelt. Bisher haben doch auch schon lauter Bekloppte gewählt oder etwa nicht?

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