Öltanklager an der Spree wird Hochhaussiedlung

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Der Werkbund Berlin hat 32 Architekturbüros aufgerufen, das ehemalige Öltanklager am Siegenssteg über die Spree in die Charolltenburg zu einem neuen Stadteil mit 1.100 neuen Wohnungen zu entwerfen. (Foto: WerkbundStadt)
Der Werkbund Berlin hat 30 Architekturbüros aufgerufen, das ehemalige Öltanklager am Siemenssteg über die Spree in Charlottenburg zu einem neuen Stadteil mit 1.100 neuen Wohnungen zu entwerfen. (Foto: WerkbundStadt)

Ein Hamburger Investor fand die Alster und Elbe für Wohnungen würdig, die Spree genügte ihm nur als Einkaufsstandort. Doch das ließ sich Berlin nicht gefallen und stoppte die Einzelhandelspläne. Nach einem erbitterten Grabenkrieg werden nun doch Wohnungen auf dem 29.000 Quadratmeter großen Ufergrundstück an der Spree gebaut.

Die PLUS BAU Projektentwicklungs GmbH hat sich zuhause an Alster und Elbe mit schicken Wohnungen ein Denkmal gesetzt. Gleich ihr erstes Projekt Schöne Aussicht 32 an der Alster (7 Wohnungen für 13 Millionen Euro) aus dem Jahr 2001 schaffte es ins  Hamburger Jahrbuch Architektur 2002. Und in das 15,5 Millionen Euro Loft- und Büroprojekt OECEAN’S END am Sandtorkai 66 an der Norderelbe zog die PLUS BAU mit Geschäftsführer Michael Lange und seinem Team gleich selbst ein.

Nur in Berlin ging den Hanseaten zunächst die Wohnungsvisionen aus. Zugegeben: Es gehört schon etwas Mut dazu, aus einem Öltanklager an einem einstigen Industriestandort am Siemenssteg neben dem Kraftwerk Charlottenburg ein erstrebenswertes Wohnensemble zu zaubern. Also kaufte die PLUS Bau das Areal an der Spree, um darauf Einzelhandelsflächen zu errichten.

Doch daran herrscht in Charlottenburg kein Mangel. Berlin wächst rasant, allein in den vergangenen drei Jahren um 120.000 Menschen, und leidet unter Wohnungsnot. Da wird jeder Flecken für neue Wohnungen gebraucht. Also gab es für die Einzelhandelspläne der PLUS BAU ein klares NEIN von Baustadtrat Marc Schulte (SPD).

Der großflächige Einzelhandel kam also nicht, aber dafür passierte auf dem Gelände auch nichts mehr. Der Standort verkam, es passierte nichts.

Ein Vermittler musste her. Der fand sich nun im Werkbund Berlin aus der Goethestraße 13 in Charlottenburg. Ein Zusammenschluss von Designern, Architekten, Industriellen und Kaufleuten. Der im Jahr 1907 gegründete Werkbund entdeckte das 29.000 Quadratmeter große Areal und hat nun eine Vision: In bester Spreeuferlage, so der Werkbund, soll hier ein neues Berliner Wohnviertel entstehen, das Platz bieten soll für 1.100 Wohnungen.

Baustadtrat Schulte zeigte sich begeistert. Der Werkbund räumte auch Probleme mit Vattenfall beiseite, welches das Kraftwerk Charlottenburg betreibt und auf Emissionsrechte verzichten müsste. Vattenfall gab grünes Licht.

Da konnten die Hamburger schwerlich nein sagen und schickten einen Vertreter nach Berlin, als der Werkbund vergangenen Donnerstag seine Pläne erstmals der Öffentlichkeit vorstellte.

Zu der Informationsveranstaltung in der Mierendorff-Grundschule waren rund 100 interessierte Anwohner gekommen.

„Wir als Grundstückseigentümer sehen in den Plänen die seltene Gelegenheit im konstruktiven Zusammenwirken zwischen dem Bezirk, dem Werkbund Berlin und uns als Grundstückseigentümer eine nachhaltige städtebauliche Veränderung zu bewirken“, teilte Michael Lange, Geschäftsführer der Plus Bau, auf Anfrage der Berliner Morgenpost mit. „Wir sehen die Chance, auf dem Tanklagergelände ein attraktives Stück Stadt für einen breiten Teil der Bevölkerung Berlins zu schaffen und gehen davon aus, dass das benachbarte Quartier von dieser positiven Veränderung profitieren wird“, so Lange weiter.

Altlasten, die einer Wohnbebauung entgegen stünden, gebe es nicht, versicherte auf der Infoveranstaltung PLUS BAU Projektentwicklungschef Simon Vodopivec. „Allenfalls im Bereich der ehemaligen Abfüllanlage gibt es Rückstände.“ Diese würden selbstverständlich entfernt.

Der Berliner Architekt Paul Kahlfeldt, Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Werkbundes e.V, in dem der Werkbund Berlin eingebunden ist, stellte die ehrgeizigen Pläne für das alte Tanklager vor.

Die Berliner Morgenpost Reporterin Isabell Jürgens war dabei und fasste die Pläne wie folgt zusammen:

Geplant sind demnach insgesamt 33 Häuser, die sich an der typischen Berliner Mischung orientieren sollen: „Im Erdgeschoss Geschäfte und Restaurants, in der ersten Etage Büronutzung, darüber die Wohnungen.“ Zusätzlich geplant sind ein Studentenwohnheim und eine Kita.

30 Architektenbüros arbeiten an der Gestaltung

Um eine ausgewogene soziale Mischung in der Stadt zu erhalten, soll das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung greifen, das eine Quote von 25 Prozent mietpreisgebundener Wohnungen vorsieht. 50 Prozent der Grundstücksfläche sollen nicht überbaut, sondern zu öffentlichen Grünflächen und Wegen gewidmet werden.

„Damit wir trotzdem die erforderliche urbane Dichte bekommen, schlagen wir zwei Hochhäuser mit jeweils 16 Etagen vor“, sagte Kahlfeldt. Eines davon solle direkt an der Spree entstehen, eines an dem geplanten Stadtplatz im Inneren des Quartiers. Auch die übrigen Häuser sollen etwa acht Etagen bekommen, um Baukosten und Platzverbrauch gering zu halten. Um die Wege innerhalb des Quartiers autofrei zu halten, sei zudem eine Tiefgarage mit 550 Stellplätzen vorgesehen. „Da es einen Geländevorsprung von drei Metern gibt, ist die Tiefgarage sozusagen schon errichtet“, sagte der Architekt.

In den kommenden Monaten sollen nun rund 30 Architekturbüros aus dem In- und Ausland die Gestaltung der einzelnen Häuser erarbeiten. Anlässlich des Werkbundtages im September (23. bis 25. September) soll das Konzept für ein neues Stadtquartier fertig sein. Das ehrgeizige Ziel der Werkbund-Initiative: Entstehen soll eine Mustersiedlung, die über die Grenzen Berlins und Deutschlands hinaus Anregungen für das „moderne Wohnen und Leben“ der Zukunft gibt. Bis 2019 soll das Projekt realisiert sein.

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