Die Pläne für das einst besetzte Kulturhaus Tacheles nehmen Gestalt an. Am Mittwoch dieser Woche (30. September 2015) stellte bei einem Ortstermin in Berlin Mitte der beauftragte Architekt Ascan Mergenthaler vom Schweizer Architeturbüro Herzog & de Meuron aus Basel, das auch die Elbphilharmonie in Hamburg und die Allianz-Arena des FC Bayern München in München entwarf, die Pläne für das seit drei Jahren leer stehende Tacheles an der Ecke Oranienburger Straße/Friedrichstraße sowie zwei dazugehörige leerstehende Wohn- und Geschäftshäuser entlang der Friedrichstraße vor.
Das 25.000 Quadratmeter Filetgrundstück soll einen Zeit-Sprung zurück ins Jahr 1909 machen, als an dieser Stelle die Einkaufs-Flaniermeile Friedrichstraßenpassage eröffnet wurde. Sie soll nun wiedererstehen.
Allerdings mit zwei Auflagen: Der neue, vor 12 Jahren erstellte Bebauungsplan, an den sich Architekt Mergenthaler halten muss, sieht ausdrücklich eine kulturelle Weiternutzung des Tacheles vor. Und das Bezirksamt Mitte hat die Auflage erteilt, Wohnungen zu bauen.
Die Tacheles-Ruine wird demnach wieder ein Kulturhaus. Allerdings vermochte Architekt Mergenthaler noch nicht sagen, welche Art Kultur und Kunst dort einziehen wird.
Auch welche Art Wohnungen, ob Sozial-, Miet- oder Eigentumswohnungen, und zu welchen Anteilen diese in der Tachelesumgebung gebaut werden, ist noch offen.
Nur, wie hoch der Wohnanteil an der neuen Gesamtpassage sein soll, für die der Bebauungsplan neben der denkmalgerechten Sanierung der Altbausubstanz auch den Neubau einer Bruttogeschoßfläche von 83.000 Quadratmetern zulässt, was in etwa der Nutzungsfläche der Mall of Berlin am Potsdamer Platz entspricht, steht schon fest.
„Wir wollen einen Wohnanteil von 38 Prozent“, sagte Mergenthaler. Diese Wohnungen werden sich hauptsächlich um drei Höfe gruppieren, die im Grundstücksbereich an der ruhigeren Johannisstraße liegen. „Bei der Gestaltung der Wohnhöfe haben wir uns an der Bebauung orientiert, die in der Spandauer Vorstadt üblich ist“, sagte Mergenthaler. Insgesamt könnten 400 bis 450 Wohnungen entstehen.
Von der Johannisstraße aus solle es Wege geben, die durch das Areal führen. Zur Oranienburger Straße hin werde sich das Quartier mit einem großen begrünten Platz öffnen. In den Erdgeschossen sollen Geschäfte und Restaurants für urbanes Leben sorgen. In den Höfen an der Johannisstraße soll das Wohnen bereits im Erdgeschoss möglich sein. Das sieht der Bebauungsplan bisher nicht vor. Er kann aber noch geändert werden.
Von 1990 bis 2012 war das Tacheles von Künstlern besetzt und ein internationaler Anziehungspunkt für Touristen und Kunstschaffende aus aller Welt.
1998 hatte die Fundus-Gruppe von Anno August Jagdfeld, die auch das Hotel Adlon am Brandenburger Tor besitzt, das Areal erworben und ambitionierte Pläne vorgelegt, wonach Neubauten im Wert von rund 400 Millionen Euro vorgesehen waren.
Allerdings scheiterte die Finanzierung. Nach mehreren Räumungsversuchen wurde das Freigelände mit der Ruine im September 2012 schließlich vollständig gesperrt.
Im September 2014 veräußerte Jagdfeld das Gelände schließlich für 150 Millionen Euro an einen Fonds der Firma PW Real Assets LLP (sie hieß bis 31. Juli 2015 Perella Weinberg Real Estate UK LLP, the „RE Advisor“), die von dem Pariser Juristen und Partner der New Yorker Finanzierungsgesellschaft Perella Weinberg Partners Leon Bressler gemanaget wird.
Die neuen Eigentümer versprachen beim Kauf, das das Tacheles und das Areal drumherum wieder zu einem Anziehungspunkt in Berlins Mitte werden soll. Der Baubeginn ist für Ende 2016 geplant. Der Investor rechnet mit einer dreijährigen Bauzeit. Also könnten die ersten Gebäude Ende 2019 stehen. Das genaue Investitionsvolumen konnte noch nicht beziffert werden.