Proteste in Frankreich: Bürger gehen auf die Barrikaden

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Kurz vor der Fussball-EM droht Frankreich der totale Stillstand: Züge verspäten sich massiv, das Benzin wird knapp und der Strom fällt in Teilen des Landes aus. (Foto: flickr/CHAMPARDENNAISAXONAIS)
Kurz vor der Fussball-EM droht Frankreich der totale Stillstand: Züge verspäten sich, das Benzin wird knapp und der Strom fällt in Teilen des Landes aus. (Foto: flickr/CHAMPARDENNAISAXONAIS)

In Frankreich gehen die Bürger auf die Barrikaden und legen das Land mit Streiks lahm. Auslöser ist eine umstrittene Arbeitsmarktreform nach dem Vorbild der „Agenda 2010“ in Deutschland. Frankreichs Präsident Hollande will das Arbeitsrecht lockern, um die Arbeitslosigkeit zu senken und das Land aus seiner langen Krise zu führen. Doch die Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Pläne und blockieren Raffinerien, Treibstofflager und Atomkraftwerke. Allmählich wird das Benzin knapp und die Stromversorgung gefährdet. Das Land droht wenige Wochen vor der Fussball-EM im Chaos zu versinken.

Streiks in Frankreich führen zu Engpässen

Die Streiks in Frankreich führen seit Tagen zu Versorgungsengpässen, wie die Tagesschau berichtet. Von den Warnstreiks in den Raffinieren und Treibstofflagern sind etwa 4.000 der 12.000 Tankstellen betroffen. Dort bekommen Autofahrer an den Zapfsäulen kein Benzin mehr. Die Erdölindustrie muss inzwischen sogar auf ihre strategischen Reserven zurückgreifen, um die Versorgung des Landes mit Treibstoff zu gewährleisten. Zwar räumte die Polizei inzwischen zwei Blockaden nahe Marseille, doch die Gewerkschaft ist bereit, bis zum Äußersten zu gehen. Sie will die Regierung dazu zwingen, die Arbeitsmarktreform rückgängig zu machen, wie CGT-Chef Philippe Martinez öffentlich bekannt gab.

Auch im Transportwesen wird wieder gestreikt. So fuhren am Mittwoch nur drei der vier TGV-Schnellzüge und im Regionalverkehr fielen rund 20 Prozent der Züge aus. Darüber hinaus werden die Blockaden auf die Stromversorgung des Landes ausgeweitet. Die Gewerkschaft CGT an, dass die Belegschaften von 19 Atomkraftwerken am Donnerstag in den Streik treten werden. In der Nacht zuvor sei bereits in zwölf Atomkraftwerken die Leistung heruntergefahren worden, sagte eine Gewerkschaftssprecherin. Als Folge der Blockaden fiel in Teilen nördlich von Marseille und an der Atlantikküste in Nantes zeitweise der Strom aus.

Machtkampf zwischen Gewerkschaft und Regierung

Der Machtkampf spielt sich dabei vor allem zwischen der sozialistischen Regierung um Präsident Hollande und der Gewerkschaft CGT ab, die landesweit über 690.000 Mitglieder hat. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr will sich die sozialistische Regierung als stark und unnachgiebig darstellen, riskiert jedoch gerade auch die letzten Sympathien bei den Franzosen zu verspielen. Die Gewerkschaft CGT wiederum fürchtet um ihre Stellung als größte Gewerkschaft des Landes. Viele ihrer Mitglieder wanderten in den letzten Jahren zur gemäßigteren CFDT über.

Die kommunistische Gewerkschaft ging am Mittwoch sogar noch einen Schritt weiter und versuchte die Zeitungen des Landes zu erpressen, wie FranceTVInfo berichtet. CGT-Chef Martinez hatte einen Aufsatz verfasst, den er in allen Zeitungen gedruckt sehen wollte. Sollten diese sich weigern, den Artikel abzudrucken, würden CGT-Mitglieder in den Druckereien in den sofortigen Streik treten. Die Zeitungen – außer der sozialistischen L’Humanite – weigerten sich entschieden, dieser Erpressung nachzugeben. Und tatsächlich: Am Mittwoch wurden keine gedruckten Zeitungen an den Kiosken verkauft, da die Gewerkschaft ihre Drohung in die Tat umsetzte.

Chaos zwei Wochen vor der Fussball-EM

Dennoch stehen die Chancen auf Erfolg der CGT gering, denn die französische Regierung beharrt auf ihrer Arbeitsmarktreform. „Die Gewerkschaft ist in einer Sackgasse und eine Sackgasse ist immer der falsche Weg“, erklärte Premierminister Manuel Valls. Valls nannte die Blockaden der Treibstofflager „unverantwortlich“ und fürchtet „großen Schaden für die Wirtschaft“, wie die FAZ berichtet. Auch Präsident Hollande versuchte die Lage zu beschwichtigen. „Wir befinden uns derzeit in schwierigen Zeiten, aber ich würde das nicht mit den Revolten vom Mai 1968 gleichsetzen. Lassen wir bitte die Kirche im Dorf, hier handelt es sich um eine Blockade einer Minderheit der Franzosen“, so Hollande.

Der Machtkampf auf dem Rücken der Bevölkerung kommt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, denn in zwei Wochen ist Frankreich Gastgeber der Fussball-EM. Neben der angespannten Sicherheitslage durch drohende Terroranschläge durch Islamisten – Frankreich befindet sich noch immer im Ausnahmezustand – kommt nun die desolate Versorgungslage hinzu. Kaum Benzin, Zugverspätungen und Stromausfälle. Es bleibt fraglich, ob Frankreich die EM in seiner derzeitigen Lage meistern kann.

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28 KOMMENTARE

    • Am besten Du tust auch die Hintergründe dieser Demos verstehen. Wenn ich immer nur höre die Deutschen.
      In Frankreich haben die Gewerkschaften zu den Demos aufgerufen.
      Anders kannst Du so eine Massendemo nicht veranstalten.
      Warum kommentierst Du hier überhaupt noch, und stehst nicht alleine mit einem Schild in deiner/deinem Stadt/Dorf?
      Hör mir bitte auf mit ´die Deutschen´ können das nicht.
      So was muß organisiert und gelenkt werden, desweiteren haben die meisten eine finanziellen Ausgleich ihrer entgangenen Löhne.
      Es gib Menschen, denen ist die Versorgung ihrer Lieben, Familien, sehr wichtig. Und das ist der Deutsche. Und das ist gut so.
      Wir wählen AfD und werden damit einen politischen Ruck in die richtige Richtung machen.

  1. Richtig. Endlich merken die Bürger der EU Staaten, dass die EU und ihre Globalisierung nicht für die Bürger und deren Wohlstand geschaffen wurde. Sondern für die Wirtschaft und deren immer wärenden Expansion. Die Menschen bleiben auf der Strecke und verarmen immer mehr. Lang erstrittene Sozialleistungen werden gekürzt ,der Mensch spielt keine Rolle mehr. Am Ende wird es uns gehen wie den Griechen.

  2. Vorbildlich “ Einigkeit macht stark “ Das fehlt in unserem Land. Man schimpft auf der Couch und das war´s . Wir gehen wahrscheinlich erst los, wenn schon alles gelaufen ist !!!

  3. In vielerlei Hinsicht geht es den Franzosen schlechter. Sie haben viel größere und gravierendere Probleme als wir Deutschen. Was man ihnen nicht nach sagen kann, dass sie nicht erbitterten Widerstand leisten.

    +Ähnliche Bilder wünschte ich mir in Deutschland. Überall , in jeder Stadt.+

    Ich finde es bemerkenswert und ziemlich beschämend dass sämtliche Schandtaten der Rautendiktatur noch nicht zu ähnlichen Massnahmen und Aktionen geführt haben. Antifanten machen es doch uns ständig vor. Es ist doch relativ einfach ein Land lahmzulegen. Man muss es nur wollen. Vielleicht würden dann einmal Politiker jeglicher Couleur wieder zur Besinnung kommen und registrieren welche Interessen sie zu vertreten haben.

  4. in Frankreich demonstrieren und streiken sie immer krass, wenns um was geht….und meistens setzen sie das durch…oder verhindern das, um was es geht……dann brennt halt das Land mal ne weile, aber sie haben (meistens) Erfolg mit den Demonstrationen und Streiks

    • Sag ich doch, Schwester. Machen, net quatschen oder jammern. Egal wo du hinschaust, sind die bereit und gehen auf die Straße. Bei uns: facebookgejammere.

  5. Nur hier passiert nichts/ sind die Deutschen zu Feige ,um sich zu Wehren gegen diese Regierung ? Oder Bequemlichkeit ?, und Abwarten bis es zu spät ist.

  6. Die Franzosen haben sich schon immer gewehrt…..wir sind einfach nur feige und duckmäuser und sagen…ohh das können wir doch nicht so machen und regeln….doch genau sooooo muss man es heutzutage machen…

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