Putin genießt bei Großinvestoren wieder enormes Vertrauen. Trotz niedrigem Ölpreis erhält Russland problemlos Geld von westlichen Anlegern. Der Kreml kann die Sanktionen von USA und EU offenbar problemlos umgehen.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat gerade einen großen wirtschaftlichen Sieg gegen den Westen errungen. Trotz des anhaltend niedrigen Ölpreises und den in der Folge fehlenden Staatseinnahmen findet er nun wieder Investoren. Denn westliche Anleger geben Russland wieder bereitwillig Geld.
Ohne Probleme konnte der Kreml am Dienstag drei Milliarden Dollar an den Finanzmärkten einsammeln, und hätte sogar noch deutlich mehr Staatsanleihen verkaufen können. Denn die ausländischen Investoren hatten Aufträge im Wert von mehr als 6,6 Milliarden Dollar abgegeben.
Kurz zuvor hatten die Amerikaner ihre Sanktionen gegen Russland verschärft. Und der Kreml ließ seine Staatsanleihen ausgerechnet von der staatseigenen Bank VTB Capital verkaufen, die auf den Sanktionslisten der USA und der EU steht. Es war eine unverkennbare Machtdemonstration der Russen.
Und dieser Erfolg wird gefeiert. Es sei ein Sieg der wirtschaftlichen Vernunft über die geopolitischen Restriktionen, zitiert die WELT den VTB-Vorstandschef Andrej Kostin. „Die Investmentwelt hat entschieden, dass Sanktionen kein entscheidender Faktor sind, wenn die Bedingungen attraktiv sind.“
Tatsächlich bietet Russland den Investoren eine attraktive Verzinsung. Für die zehnjährige Dollar-Anleihe zahlt Moskau einen Kupon von 4,25 Prozent. Für die 30-jährigen Schuldtitel bekommen die Investoren 5,25 Prozent. Dies sind Aufschläge von rund zwei beziehungsweise 2,5 Prozentpunkten gegenüber den US-Staatsanleihen.
Mehr als ein Drittel der Käufer stammten aus den USA, rund 30 Prozent aus Großbritannien, rund neun Prozent aus der Eurozone. Viele Investoren durften nicht mitmachen, etwa auch die deutsche Fondsgesellschaft Union Investment. „Uns ist es nicht erlaubt, mit VTB zu handeln“, sagte Union-Fondsmanager Dmitri Barinov dem Finanzdienst Bloomberg.
Die Russen profitierten davon, dass das westliche Abwicklungshaus Euroclear Bank die neuen Anleihen akzeptiert. Solche Clearing-Häuser sind erforderlich, um die Papiere bei einer Handelstransaktion von einem Depot ins andere zu buchen. Als Russland vor einem Jahr Anleihen verkaufte, akzeptierte Euroclear diese damals nicht.
Im Frühjahr 2014 mit dem Ausbruch der Krim-Krise hatten sich Russlands Beziehungen zum Westen deutlich verschlechtert. Russische Papiere wurden mit einem politischen Risikoaufschlag versehen. Als dann noch die Sanktionen gegen einzelne Firmen und hochrangige Personen hinzukamen, war Russland an den Märkten praktisch isoliert.
Die Finanzmärkte verstärkten die Strafmaßnahmen des Westens und wirkten auf diese Weise zu dessen Vorteil. Doch inzwischen sind die Risikoaufschläge für russische Anleihen drastisch gefallen. So bieten etwa sechsjährige Russenpapiere nur noch ein Plus von 1,6 Prozentpunkten gegenüber US-Papieren. Noch Anfang 2015 lag der Aufschlag bei rund sechs Prozentpunkten.
Trotz des aktuell niedrigen Ölpreises sehen die Händler die Wahrscheinlichkeit eines russischen Zahlungsausfalls in den kommenden fünf Jahren lediglich bei elf Prozent. Das hat Gründe. So liegen Russlands Devisenreserven inzwischen wieder deutlich über 400 Milliarden Dollar, gut 50 Milliarden Dollar über dem Tief von 2015.
Zudem hat sich die russische Wirtschaft aus der Rezession herausgearbeitet. Dieses Jahr könnte sie um 1,2 Prozent wachsen, im kommenden Jahr sogar um 1,6 Prozent. Zwar könnten die erneuerten Sanktionen Wachstumspunkte kosten. Doch die Investoren schreckt das derzeit nicht ab.