Berliner Steuerfahnder und Staatsanwälte ermitteln in 400 Fällen gegen Mitglieder des elitären Golf- und Land-Clubs Berlin-Wannsee e.V. Das berichtet der Finanznachrichtendienst GoMoPa.net. Die zumeist einflussreichen Mitglieder aus Wirtschaft, Politik und Kultur sollen vor allem in den Jahren 2008 und 2009 neben ihren Mitgliedsbeiträgen (Aufnahmegebühr 2.500 Euro, Investitionszulage 5.100 und Jahresbeitrag 1.655 Euro) zusätzlich jeweils 20.000 Euro gespendet und das steuerlich geltend gemacht haben, weil der Club gemeinnützig ist. Der Club selbst habe sich und somit das teure Hobby der Wohlhabenden mit Hilfe der Allgemeinheit aufblähen können.
Denn wegen der anerkannten Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt brauchte der Club ja keine Steuern auf seine im Durchschnitt 4 Millionen Euro Jahreseinnahmen zu zahlen. Der Golfclub soll diese staatliche Subventionierung illegal auf die Spitze getrieben haben, in dem er die normalerweisen erlaubten freiwilligen Spenden, die ja schon mit einer Steuereinsparung bei den Spendern von bis zu 50 Prozent der Spendensumme belohnt worden sind, als zusätzliche Zwangs-Spenden für den steuerfreien Clubetat eingetrieben haben soll.
Eigentliche Währung sind nützliche Kontakte
Frei nach dem Motto: Spendest Du, kannst Du Mitglied bei uns werden. Spendest Du nicht, kommst Du nicht rein. Denn die eigentliche Währung des Clubs sind nützliche Kontakte, die man nirgendwo schneller und besser knüpfen kann, als in diesem Treffpunkt der Diplomaten, Politiker und Wirtschaftsbosse. Die Mitgliederzahl ist auf 1.100 begrenzt, jährlich können nur durch Fluktuation etwa 20 neue Mitglieder aufgenommen werden.
Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Spenden quasi als zusätzliche Eintrittsgebühr erbracht werden mussten. Das wäre verboten.
Manch einfaches Mitglied sorgt sich nun um die Zukunft des Vereins. Wie etwa Golfer Peter Schlögel, der dem WDR-Magazin Die Story sagte: „Das Problem ist, wenn die Fälle im Jahr 2008 und 2009 aufgetreten sein sollen, dann kann uns rückwärts die Gemeinnützigkeit aberkannt werden. Das bedeutet aber, wenn das auf 2008, 2007 eventuell zurückgeht, dann muss für die Jahre alles nachversteuert werden.“Der WDR hakte nach: „Und auch die Spenden müssen nachversteuert werden. Die sind ja abgezogen worden von der Steuer.“
Clubmitglied Schlögel: „Die sind nicht nur abgezogen worden. Das ist Steuerhinterziehung. Das ist noch viel schlimmer.“
Wie schlimm es ist, muss allerdings erst einmal die Staatsanwaltschaft ermitteln.
Dieser Mann soll nach Recherchen der Autoren Sascha Adamek und Martin Hahn vom WDR-Magazin Die Story der Drahtzieher sein:
Roland Specker, Berliner Großinvestor, Mäzen, passionierter Golfspieler und bis 2009 Vorsitzender des Golfclubs.
Hartmut Mehdorn spendete mit seiner Frau 40.000 Euro
Ins Visier der Ermittler geriet auch der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn (73), Bahnchef vom 16. Dezember 1999 bis 30. April 2009, der im Jahr 2008 mit seiner Frau 40.000 Euro spendete. Mehdorn weist aber strikt von sich, dadurch Steuern hinterzogen zu haben.
Ex-Präsident Specker: „Mehdorn ist im Jahr 2000 eingetreten. Mit seiner Frau. Hat nichts gespendet. Ich kann mich an das Gespräch mit ihm sehr gut erinnern. Ich habe ihn 2008 angerufen. Im Oktober oder November und sage, wie sieht’s denn aus und so. ‚Ja, um welchen Betrag geht es denn?‘. Ja, 20.000 Euro geben die meisten. Ende 2008 hat er 40.000 Euro gespendet. Und das war’s. Außerhalb dieser Mitgliedschaft und der Freiwilligkeit und diesen Zwängen. Wer schafft es schon, Herrn Mehdorn zu zwingen, 40.000 Euro zu spenden? Wo ist die rechtliche Grundlage des Zwangs gewesen.“
Doch selbst wenn die Ermittler keinen Zwang zum Spenden nachweisen können, bleiben Fragen wie : „Ist es im Interesse der Öffentlichkeit, dass Private einen Golfclub unterhalten? Soll das förderungswürdig sein? Welche Pflichtaufgabe des Staates wird dadurch ersetzt?“
Diese Fragen stellt kein Geringerer als der Wirtschaftswissenschaftler Professor Wolfram Richter, Lehrstuhlinhaber für öffentliche Finanzen an der Technischen Universität Dortmund.
Professor Richter ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium in Berlin. Schon im Jahr 2006 verfasste er für das Gremium ein kritisches Gutachten über die Steuerprivilegien bei Gemeinnützigkeiten. Professor Richter: „Ob der Staat im Bereich des Golfsports von Pflichtaufgaben befreit wird, kann man sich schlechterdings nicht vorstellen.“
Seine Vorschläge zur Abschaffung der Steuerprivilegien in Milliardenhöhe wurden zwar wohlwollend erhört, aber der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück tat das Gegenteil. Er weitete die Privilegien der Gemeinnützigkeit noch aus.
Zehn Jahre sind seitdem vergangen. Steinbrücks Nachfolger änderten nichts. Das exklusvie Hobby von Prominenten, Politikern und Gutverdienern ist vom Finanzamt immer noch als gemeinnützig anerkannt. Und Großspender sparen dadurch immer noch kräftig Steuern.
Immerhin: Expräsident und Großinvestor Specker gehört zu den wenigen im Golf-Verein, die dafür plädieren, die Gemeinnützigkeit und ihre Privilegien aufzugeben.
Specker sagte dem WDR: „Wir sind auch so vornehm genug. Wir müssen uns nicht auch noch mit der Gemeinnützigkeit schmücken. Den Anstrich sollten wir uns nicht geben. Wir treiben Sport. Wir treiben Freizeitsport. Wir können uns wirklich nicht nur darüber freuen, dass wir eine der schönsten Anlagen haben. Sondern, dass es dem Durchschnitt unserer Mitglieder besser geht als den anderen Menschen. Darüber sollten wir uns freuen. Diese Freude sollten wir auch außerhalb steuerlicher Privilegien genießen.“
Doch ändern kann das generell nur das Bundesfinanzministerium. Oder im speziellen Fall des Golfclubs Wannsee die Steuerfahndung, wenn es ihr gelingen sollte nachzuweisen, dass der vornehme Club Zwangsspenden zu seinem steuerbefreiten Wohl eingetrieben hat. Dieser Missbrauch der Gemeinnützigkeit würde zwangsweise zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit und damit des Steuerprivilegs führen.
Ex-Vereinspräsident fordert Steuerpflicht für Golfclub Wannsee
Der Berliner Unternehmer und Ex-Präsident des Golfclubs Wannsee, Specker, hat sich dafür ausgesprochen, die Gemeinnützigkeit des exklusiven Clubs aufzugeben. Der Verein, der jährlich rund vier Millionen Euro Umsatz macht, soll auf die Befreiung von der Steuerpflicht verzichten. Der amtierende Vorstand sieht das anders. Von Sascha Adamen
Seit Monaten ermitteln Berliner Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung gegen 400 Mitglieder des Golfclubs und ehemalige Funktionäre wegen Steuerhinterziehung. Hauptbeschuldigter ist Roland Specker, bis 2009 Vorsitzender des Vereins. Specker ist passionierter Golfer, der auch in seinem Büro hoch über dem Potsdamer Platz nicht von seinem Hobby lassen mag. Er führt knallharte Abschläge mitten im Büro vor – gegen die Wand. Was die schweren Vorwürfe der Staatsanwaltschaft angeht, wirkt der Unternehmer äußerst entspannt.
Specker erzählt freimütig, er habe in seiner Amtszeit immerhin sieben Millionen Euro Spenden von den Mitgliedern des Vereins eingeworben.
Staatsanwalt sieht Spenden als zusätzliche Eintrittsgebühr
Im Schnitt sollen die Club-Mitglieder neben ihren Mitgliedsbeiträgen zusätzlich 20.000 Euro gespendet und das steuerlich geltend gemacht haben – weil der Club gemeinnützig ist.
Roland Specker (li.), Präsident des Golf- und Landclubs Berlin Wannsee e.V., und Hartmut Mehdorn, damaliger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, im Jahr 2007 anlässlich des Neujahrsempfangs des Wannseer Golfclubs (Quelle: imago/Joachim Schulz)
Roland Specker und Hartmut Mehdorn beim Club-Neujahrsempfang im Jahr 2007
Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Spenden quasi als zusätzliche Eintrittsgebühr erbracht werden mussten, denn der Club ist ziemlich exklusiv und darf laut Statut nur 1.100 Mitglieder haben.
Specker weist den Vorwurf der Staatsanwaltschaft zurück. Die Leute seien immer erst eingetreten und hätten dann irgendwann gespendet. Er habe sie bei den Aufnahmegesprächen nur darauf hingewiesen: „Wir brauchen Spenden, wir würden uns sehr freuen, wenn Sie im Laufe Ihrer Mitgliedschaft eine Spende machen würden.“
Auch Mehdorn spendete für seinen Club
Ins Visier der Ermittler geriet auch der damalige Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, der 2008 mit seiner Frau 40.000 Euro spendete. Mehdorn weist aber strikt von sich, dadurch Steuern hinterzogen zu haben. Roland Specker erzählt offen, wie die Sache mit Mehdorn ablief. Mehdorn sei im Jahr 2000 mit seiner Frau eingetreten und habe nichts gespendet.
Er, Specker, habe Mehdorn dann im Oktober, November 2008 angerufen „mit der Frage, wie sieht’s denn aus?“ Mehdorn habe gefragt, um welchen Betrag es gehe. Da habe er zu Mehdorn gesagt: „20.000 geben die meisten.“ Mehdorn spendete dann Ende 2008 insgesamt 40.000 Euro und machte die Spende wie alle anderen steuerlich geltend. Specker fragt, wo denn der von der Staatsanwaltschaft konstruierte „Zwang zum Spenden“ liegen solle: „Und wer schafft es schon, Herrn Mehdorn zu zwingen, 40.000 Euro zu spenden?“
„Golfen auch ohne Steuerprivilegien genießen“
Trotzdem will Specker aus der Affäre Konsequenzen ziehen und die Gemeinnützigkeit des Golfclubs Wannsee aufgeben. Denn, wenn Mitglieder ihrem eigenen Freizeitverein spenden, können sie damit 30 bis fast 50 Prozent Steuern auf diese Spenden sparen. Specker sagt gegenüber dem rbb nun: „Wir sind auch so vornehm genug und müssen uns nicht mit der Gemeinnützigkeit schmücken.“ Dem Durchschnitt der 1.100 Club-Mitglieder gehe es besser als anderen Menschen, deshalb sollten sie ihr Hobby auch „außerhalb steuerlicher Privilegien genießen.“
Derzeitiger Vorstand will Gemeinnützigkeit beibehalten
Der heutige Vorstand des Golfclubs sieht das offenbar anders. In seiner Antwort an den rbb schreibt der Vereinsgeschäftsführer Yasin Turhal, man sei aus „Überzeugung der Gemeinnützigkeit verpflichtet“ und wolle dies „auch in Zukunft bleiben.“ Turhal verweist auf die Erfolge in der Jugendförderung von fast 400 Kindern im Verein, die zuletzt im Wettbewerb „Zukunft Jugend“ 2013 und 2014 Bundessieger geworden seien.
Auf Fragen nach den Einnahmen und der Höhe des Steuervorteils verweigerte Turhal gegenüber dem rbb die Auskunft, weil gemeinnützige Vereine nicht zu solchen Informationen der Öffentlichkeit verpflichtet seien.
Gemeinnützig? Was ist am Golfspielen denn selbstlos?
Als Vorsitzender eines Fördervereines für ein Hospiz, komme ich mir ziemlich verschaukelt vor.
Der Verein wird streng vom Finanzamt alle 3 Jahre auf Gemeinnützigkeit geprüft und wir müssen dazu unsere Spenden und entspr. die Förderungen genau offenlegen.
Wie kann das ein Promi-Golfclub überhaupt?
Sobald im Verein das Mitglied den Golfschläger in die Hand nimmt, können seine Zahlungen doch nicht als Spende gelten. Und die Ausbildung der Kinder von Mitgliedern ist doch wohl ebenso kein Grund.
Die Satzung würde ich gerne mal lesen.
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