Blickt man im FONTANA-Hotel am Timmendorfer Strand aus dem Fenster, glaubt man, auf einem Luxus-Dampfer zu sein, der gerade eine Ostsee-Düne gerammt hat. Das uralte Meer trifft keine Schuld. Es schlägt hier seine Wellen schon seit mehr als 10.000 Jahren gegen die schleswig-holsteinische Küste.
Allerdings hat sich das kleine Familienhotel in der Strandallee 49 mächtig verändert. Es wuchs um einen weißen Prachtanbau um fünf Zimmer, einer Suite, einem Kaminzimmer, einem Wellness- sowie Saunabereich sowie einem neuen Restaurant mit 60 Innen-Plätzen auf nunmehr 19 Zimmer und Suiten. Auf gediegene nordische Art. Die Inhaber Angelika Hamester und ihr Mann Dieter (ein Versicherungsmakler aus Hamburg) sowie Sohn Sebastian (BWL-Studium und Kochlehre) und Schwiegertochter Julia haben sich dafür sieben Jahre Zeit gelassen.
Was herauskam, wird von Kurdirektor Joachim Nitz als Beispiel für eine grundlegende Erneuerung des in die Jahre gekommenen Hamburger Vorgartens angeführt, wie der Timmendorfer Strand von den Hanseaten betrachtet wird.
Seit eh und jeh kommen die Hamburger Mädchen und Jungen im Sommer zum Baden her und spannen die Hamburger Kaufleute am Wochenende aus oder lassen an Silvester die Champagnerkorken knallen. Die meisten Übernachtungsgäste nach den Hamburgern kommen aus dem Ruhrpott in Nordrhein-Westfalen, weshalb an den Strandkiosken auch extra Köpi (König Pilsner aus Duisburg) vorgekühlt wird.
Jetzt will sich der Timmendorfer Strand aber auch für Gut-Verdiener oder einfach nur Stressgeplagte aus der deutschen Hauptstadt Berlin urlaubsfein machen. Familien und Hunde sind gern gesehen.
Dabei konkurriert der Timmendorfer Strand allerdings um den Titel „Nizza des Nordens“ mit der Nordsee-Insel Sylt, die wiederum um ihren Sand kämpft, wie das Berlin Journal berichtete, und mit dem Ostsee-Bad Binz auf Rügen. Aber warum sollten die Berliner auf Sylt und Binz verzichten und stattdessen zum Timmendorfer Strand abbiegen?
Dafür nennt Nina Deutschmann (Golferin und PR-Lady aus Berlin) zunächst einmal einen ganz natürlichen Grund: „Die Ostsee entfaltet hier in der Lübecker Bucht eine besondere Heilwirkung. Der Wind sorgt zum einem für eine gesunde Meeresbrise, die besonders die Segler zu schätzen wissen. Aber, weil die Bucht von zwei Seiten eingerahmt und damit geschützt wird, links von der Halbinsel Wagrien und rechts vom Klützer Winkel, gibt es keine natürliche Brandung.“
Der feinsandige Strand geht daher flach und seicht ins Wasser. Ein Badeparadies für Kinder und Hunde. Die Berlinerin Nina Deutschmann vermutet, dass ihr English Cocker Spaniel, dessen Rasse normalerweise nur eine Lebenserwartung von 12 bis 15 Jahren hat, wohl nur deshalb 18 Jahre alt geworden und noch rüstig ist, weil sie jedes Jahr mit ihm zum Timmendorfer Strand kommt.
Was den Luxus-Faktor anbelangt, da kann der Timmendorfer Strand wohl dieselbe Porsche-Dichte wie Sylt aufweisen.
Nur, dass man die Sportwagen in Timmendorfer Strand gar nicht braucht.
Deutschmann: „Man kann das Auto stehen lassen. Alles ist fußläufig zu erreichen. Der Strand. Die Dünen unter alten Kiefern. Die vielen kleinen Läden und Boutiquen. Das gemeinsame Fußballgucken in Timms Bar oder nette Gespräche im Cafe Wichtig. Der süße Niendorfer Hafen mit fangfrischem Fisch der 30 Berufsfischer. Oder die Tanzpartys in der Evers Werft. Man kann ganz schnell vom Alltagstrubel runterkommen.“
Die Hotelier-Familie Hamester hat ihr Schärflein dazu beigetragen. Hartwig und Ingeborg aus Flensburg fanden dafür im Gästebuch folgende Worte: „Man findet sehr schnell heraus, daß in dieser Bleibe die Gesetze von Zeit und Raum aufgehoben sind! Haus und Garten sind zauberhaft!“
Kurdirektor Nitz spricht von exklusiver Qualität für jeden Geldbeutel.
Aber: In Timmendorfer Strand mit 8.800 Einwohnern gibt es zwar viele schöne Villen und auch 12.000 Gäste-Betten, aber bislang zu wenig moderne und familienfreundliche Urlaubszimmer mit Lodgen, Veranden und Ethernet-Anschlüssen, die einem Touristenanstrum aus der Hauptstadt gewachsen wären.
Das soll sich nun ändern. Das Hotel Fontana machte den Anfang. Das Viersterne-Hotel Holsteiner Hof in der Nachbarschaft (Strandallee 92) befindet sich um Umbau, aus einigen Zimmern werden Studios. Und das Meridian Hotel in der Schmilinsky Straße 2 im Kurpark bekommt nach 5 Jahren Bauzeit ein völlig neues Aussehen und Innenleben. Nitz ist stolz, dass für die Innenausgestaltung der viefache Familienvater, Schauspieler, Regisseur und Produzent Til Schweiger gewonnen werden konnte.
Schweiger macht aus dem Meridian Hotel im Auftrag des Hamburger Diplomkaufmanns Mirko Stemmler von der JASIKA Hotelgesellschaft mbH nun ein Barefoot Hotel (Barfußhotel) im Stile Malibus in Kalifornien. Eröffnung soll am 27. Mai 2017 sein. Zur Einstimmung spielte das neue Kuschelkino (ein beheiztes Zelt an der Maritim Seebrücke) bei freiem Eintritt schon mal die Schweiger-Klassiker Kein-Ohr-Hasen und Zwei-Ohr-Küken.
Damit bekommt Panikrocker Udo Lindenberg eine prominente Ergänzung. Lindenberg, der seine Karriere als Page in einem Düsseldorfer Hotel begann, kommt seit 45 Jahren in sein Lieblings-Camp Maritim-Seehotel an der Seebrücke in der Strandallee 73. Dort in der 10. Penthouse-Etage hat er 1986 nach dem Tod seiner langjährigen und erst 33 Jahre alten Weggefährtin Gabi Blitz („ein Paar wie Blitz und Donner“) seinen Mega-Hit „Hinterm Horizont“ geschrieben. Am 26. April 2017 gab er im Maritim-Saal vor 1.300 Zuschauern mit seiner Band die Generalprobe zu seiner neuen 2017er Tournee „Stärker als die Zeit“ (23 nahezu ausverkaufte Shows).
Die altehrwürdige und denkmalgeschützte runde Trinkkurhalle aus den 50er Jahren, in der es bislang überwiegend Galerien gibt, soll für 2 bis 3 Millionen Euro um eine Wandelhalle und einen Strand-Klub erweitert werden. Es soll ein „frisches und zeitgemäßes gastronomisches Strand-Konzept“ umgesetzt werden, heißt es aus dem Rathaus. In einem Bürgerentscheid hat sich die Mehrheit der Timmendorfer dafür ausgesprochen.
Neu am Timmendorfer Strand ist auch eine Riesenkraken-Höhle im Sea Life Aquarium, in die am 1. März 2017 achtarmige Oktopoden einzogen, die man hautnah erleben kann. Schon lange da sind Pelikane und Flamingos im nahegelegenen Vogelpark.
Für kulinarische Überraschung sorgt Junior-Chef Sebastian Hamester im ebenfalls neu eröffneten Fontana-Restaurant „Horizont“.
Oder können Sie mir sagen, wo man in Berlin, Düsseldorf oder München anstelle von Nüssen zum Dessert lediglich das Pulver aus den zerriebenen Schalen jener Macademia-Nüsse serviert bekommt?
Sebastian Hamester, der an der Spitze einer zehnköpfigen Koch-Crew steht und sich daher nicht mehr das Kochhemd beschmutzt, erklärte dem verdutzten Berlin Journal-Reporter: „Unsere Biomülltonne bleibt so gut wie leer, weil wir fast alles verwerten.“
Das kennt man aus Thailand, Vietnam oder Japan. Von dieser Küche hat der Spitzenkoch viel übernommen, der eine Kochausbildung auf dem renommierten Hamburger Süllberg mit anschließenden Stationen bei Spitzenköchen in der Hansestadt und auf Sylt absolvierte, bevor er nun in den elterlichen Betrieb zurückkehrte.
In der asiatischen Küche wird sehr viel Wert auf den Eigengeschmack des Grundprodukts gelegt. Für das perfekte Sushi war Sebastian Hamester eigens einige Monate in Kalifornien bei Sushimeister Toshi, der auch den Hamburger Fernsehkoch Steffen Henssler (VOX, Grill den Henssler) ausbildete.
Der 34-Jährige verfolgt eine elegante Geschmacksverdichtung hochwertigster Produkte: Zum fangfrischen Fisch kombiniert er etwa ein Selleriepüree, für das die Knolle ganz ohne Wasser im Salzteig drei Stunden gebacken und dann mit Butter verfeinert wird.
Seine Neuinterpretation einer Misosuppe eröffnet ganz neue Horizonte: „Wir kreieren die Misosuppe wie eine edle Bouillabaisse, also auf Basis eines intensiven, klaren Fonds und mit einer Einlage.“
Hamester und sein Team kombinieren Fisch, Meeresfrüchte und Algen in verschiedenen Texturen etwa als Farce aus Fisch, getrockneten Jakobsmuschelchips und einer Crème aus Algen, mit einer klaren Consommé, die vor dem Gast angerichtet wird.
8 Sushi-Stücke kosten 18 bis 20 Euro. Wer es etwas einfacher mag, kann auch einfach raus zur Stranddüne laufen.
Dort steht ein ehemaligen Milchhäuschen, das vom Hotel betrieben wird und in dem bis in die 50er Jahr tatsächlich auch Milch ausgeschenkt wurde. Heute bekommt man dort unter anderem eine Currywurst für 3,50 Euro oder eine 0,3-Liter-Flasche Köpi für 2,40 Euro. Berliner Pilsner wird erst angeboten, wenn auch genügend Berliner da sind.
STRANDHOTEL FONTANA ∙ Strandallee 49 ∙ 23669 Timmendorfer Strand ∙ Tel: 04503 / 8704 – 0 ∙ Mail: info@strandhotel-fontana.de ∙ www.strandhotel-fontana.de
Öffnungszeiten RESTAURANT HORIZONT: Mittwoch bis Sonntag ab 18 Uhr (in der Hauptsaison ab Juni Dienstag bis Sonntag ab 18 Uhr) ∙ Plätze: 60 im Restaurant, 40 Außenplätze auf der 18 Meter langen Ostseeblickterrasse ∙ Tel: 04503 / 8704 – 14.