Ungarns Flüchtlings-Referendum scheiterte an Mindestbeteiligung

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Schlappe für Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban: Das Flüchtlings-Referendum über eine EU-Quotenregelung scheiterte an der zu geringen Wahlbeteiligung (Foto: Facebook/Viktor Orban)
Schlappe für Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban: Das Flüchtlings-Referendum über eine EU-Quotenregelung scheiterte gestern an einer zu geringen  Wahlbeteiligung. Nun will Orban das Parlament stärken: „Wir haben gesagt, dass nur das ungarische Parlament darüber entscheidet, mit wem die Ungarn gemeinsam leben nöchten. Das werden wir ins ungarische Rechtssystem einfügen. Egal, ob das Referendum gültig oder ungültig wird.“  (Foto: Facebook/Viktor Orban)

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban bedauerte, dass sein Land das einzige EU-Land ist, bei dem das Volk über die Aufnahme von Ausländern in einer Volksabstimmung entscheiden darf. 32 Millionen Euro ließ sich Orbans Regierungspartei Fidesz laut Opposition das gestrige Flüchtlings-Referendum kosten. Zwar stimmten 98,3 Prozent mit Nein zur EU-Quote. Aber dennoch ist das Votum ungültig. Es scheiterter an der Wahlbeteiligung von nur 39,9 Prozent. Nötig wäre für die Gültigkeit nach ungarischem Recht eine Beteiligung von 50 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung (das entspricht derzeit rund 4,1 Millionen Ungarn).

Mehr als acht Millionen Ungarn waren dazu aufgerufen, über die EU-Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen abzustimmen. Die Frage lautete:

„Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne Zustimmung des Parlaments die verpflichtende Ansiedlung von nicht ungarischen Staatsbürgern in Ungarn vorschreiben kann?“

Orbáns Partei hatte bereits seit den gestrigen Vormittagsstunden offenkundig aus Sorge, die nötige Wahlbeteiligung zu verfehlen, SMS-Nachrichten an ihre Anhänger verschickt mit der Aufforderung, noch zur Wahl zu gehen: „Heute zählt jede Stimme. Stimmen Sie mit ‚Nein'“. Doch Fidesz konnte nicht genug Wähler mobilisieren.

Trotz der Wahlschlappe feiert Orban das Referendum als Sieg.

Wie ARD-Korrespondent Till Rüger aus Budapest berichtete, präsentiertet sich Orban vor Anhängern seiner Regierungspartei Fidesz dennoch als Sieger.

„Wir haben ein großartiges Ergebnis erzielt“, sagte Orban. „Die Waffe wird auch in Brüssel ziemlich scharf sein“, fügte er hinzu. Zudem kündigte er an, eine Verfassungsänderung vorzuschlagen, die „den Willen des Volkes widerspiegelt“. Orbán ging mit keinem Wort darauf ein, dass das Referendum ungültig ist.

Die Opposition bezeichnete den ungültigen Ausgang der Abstimmung als „Sieg der nüchternen Vernunft“ und verlangte Orbáns Rücktritt. Der Chef der Sozialisten, Gyula Molnar, sagte: „Falls Viktor Orbán und die Fidesz-Politiker Anstand besäßen, würden sie auch nicht von einem moralischen Erfolg sprechen, und schon auf gar keinen Fall von einem politischen Erfolg. Politisch gibt es kein gültiges Referendum. Das nennt man: eine sehr teure Meinungsumfrage.“

Asselborn: „Passiver Widerstand“ gegen Regierungskurs

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nahm das ungültige Flüchtlings-Referendum mit Erleichterung auf. „Das ist kein guter Tag für Herrn Orbán und kein so schlechter Tag für Ungarn und die EU“, sagte Asselborn. Das ungarische Volk habe sich europäischer als seine Regierung gezeigt. Asselborn wertete das als „passiven Widerstand“ einer Mehrheit.

Orbán selbst hatte noch am Morgen in seinem Wahllokal erklärt, er gehe davon aus, dass es mehr „Nein“- als „Ja“-Stimmen geben werde: „Das kann uns die Ermächtigung geben, für das Parlament und die Regierung. Es ist immer besser, ein gültiges Referendum zu haben als ein ungültiges.“

Aber er stellte auch klar: „Wir haben gesagt, dass nur das ungarische Parlament darüber entscheidet, mit wem die Ungarn gemeinsam leben möchten. Das werden wir ins ungarische Rechtsystem einfügen. Egal, ob das Referendum gültig oder ungültig wird.“

Orbán will mit Brüssel verhandeln

Bereits vor dem Referendum signalisierten konstante Umfrageergebnisse, dass rund 80 Prozent der Bevölkerung gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen gemäß dem Verteilungsschlüssel der EU sind.

Orbán sagte: „Ich werde nach Brüssel gehen, um dort zu verhandeln. Ich versuche zu erreichen, falls das Ereignis entsprechend ausfallen wird, dass es keine Verpflichtung Ungarns gibt, Menschen aufzunehmen, die wir nicht wollen.“ Gleichzeitig wolle er mit allen Parteien darüber sprechen, „wie wir den Willen der Menschen in unser Rechtssystem einfügen“.

EU-Ministerpräsident Martin Schulz hatte vor dem Referendum kritisiert: „Ungarn müsste nach dem Verteilungsschlüssel nur etwa 1.300 Flüchtlinge aufnehmen. Darüber ein Referendum abzuhalten, ist ein gefährliches Spiel.“

Orban will gigantische Flüchtlingsstadt in Libyen

Erst am Donnerstag hatte Orban auf dem EU-Flüchtlingsgipfel in Wien, an dem elf Länder teilnahmen, vorgeschlagen, Europa solle eine „gigantische Flüchtlingsstadt“ in Libyen errichten. Dorthin sollten Flüchtlinge deportiert werden, um dann ihre Asylanträge in Europa zu stellen. Das nordafrikanische Land solle als „Verteidigungslinie“ vor dem Mittelmeer dienen.

Orban will den Zuzug muslimischer Flüchtlinge nach Europa stoppen  – mit der Begründung, sie gefährdeten die christliche Identität und Kultur in Ungarn und in ganz Europa.

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21 KOMMENTARE

  1. Ich möchte Freiheit für die ganzen Welt. Wir sind alle gleiche Menschen…Ich habe die NPD platt gemacht ganz alleine. Ich bin der König, Gott der Welt.

  2. Augenwischerei das Referendum ist nur formal gescheitert, gescheitert wäre es real wenn sich die Mehrheit für Flüchtlinge entschieden hätte und das soll ja nicht der Fall sein. Es handelt sich hier nur um eine BRD Rhetorik um die Sache etwas zu verfälschen.

    Das Ergebnis heißt auf keinen Fall pro Flüchtlinge. Volksabstimmung in Ungarn: 95% sagen Nein zu Migranten und EU-Quoten

  3. Eigentlich ist es traurig, dass ein Volk, dem man „komplexe Entscheidungen“ zutraut, von seinem Wahlrecht so wenig Gebrauch macht. Allerdings haben sich die, die die Chance genutzt haben, ganz deutlich gegen Flüchtlinge ausgesprochen! Eine Bundestagswahl wäre doch bei 40%Wahlbeteiligung auch nicht ungültig! Die Ungarn sollten stolz auf ihren Ministerpräsidenten sein, der seinen Kurs hoffentlich unbeirrt fortsetzt.

  4. „Das Referendum ist mit sensationellen 98%! gewonnen, aber mit 40% Wähleranteil nicht bindend. Wenn Orban will, kann er es ignorieren. Wird er aber nich, warum sollte er.

  5. Das war kein Scheitern, sondern ein fulminanter Erfolg : 98,3 % der Ungarn stimmten gegen die Einwanderungspolitik der EU und die (Zwangs-) Aufnahme illegaler Einwanderer aus dem Nahen Osten. Melde mich nach diesem Beitrag hier ab, Berlin Journal scheint ganz offenbar ein linkes Medium zu sein.

  6. Flüchtlings- Referendum hat die Steuerzahler in Ungarn mehr als 65 Million € gekostet ! Hätte Urban die Flüchtlinge aufgenommen, häte er nicht mal die Hälfte bezahlt !

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