Volksentscheid: Schweizer gegen Bedingungsloses Grundeinkommen! Und Deutschland?

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Zwei Drittel der Schweizer lehnten beim gestrigen Volksentscheid das bedinungslose Grundeinkommen für jeden Erwachsenen (2.255 Euro) und jedes Kind (564 Euro) ab, doch die weltweit erste Abstimmung über das Grundeinkommen könnte nach dem Willen der Mehrheit der Wahlberechtigten Schweizer (69 Prozent) noch nicht die letzte gewesen sein (Foto: Daniel Häni/mitte.ch)
Drei Viertel der Schweizer lehnten beim gestrigen Volksentscheid das bedinungslose Grundeinkommen für jeden Erwachsenen (2.255 Euro) und jedes Kind (564 Euro) ab, doch die weltweit erste Abstimmung über das Grundeinkommen könnte nach dem Willen der Mehrheit der Wahlberechtigten Schweizer (69 Prozent) noch nicht die letzte gewesen sein (Foto: Daniel Häni/mitte.ch)

Mit großer Mehrheit haben die Schweizer bei der gestrigen Volksabstimmung ein Bedingungsloses Grundeinkommen für jeden Einwohner abgelehnt. „Balla Balla“ sei das. Die meisten halten die nötigen 140 Milliarden Euro dafür nicht finanzierbar. Immerhin rund ein Viertel der Schweizer stimmten dafür.

Laut amtlichem Endergebnis stimmten 76,9 Prozent der Teilnehmer gegen das Vorhaben und 23 Prozent dafür. Die Wahlbeteiligung der 5 Millionen Stimmberechtigten bei dem Referendum lag bei 46 Prozent.

Der Initiator des Referendums, der Schweizer Unternehmer Daniel Häni, sprach von einem moralischen Sieg.

Das Thema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Eigentlich habe die Initiative nur mit 15 Prozent Zustimmung gerechnet, nun sind es 23 Prozent. Häni sagte der ARD Tagesschau: „Ich bin sehr berührt. Die Schweiz, sehr konservativ, viele Holzköpfe hier auch. Das da so eine Aufbruchstimmung ist, das nehme ich auch jetzt hier wahr bei der Abstimmung. Die Leute strahlen.“

Die Volksabstimmung sei nur der Anfang, die Mehrheit (69 Prozent) rechne laut einer Umfrage mit einer 2. Abstimmung.

Häni postete heute auf Facebook: „Die repräsentative Umfrage von gfs.bern zeigt, dass die weltweit erste Volksabstimmung über ein Bedingungsloses Grundeinkommen einen Startpunkt für eine Debatte markiert. Fast zwei Drittel der Nein-Stimmenden und 83 Prozent der Ja-Stimmenden gehen davon aus, dass die Stimmberechtigten nochmals über ein Bedingungsloses Grundeinkommen abstimmen werden.“

Das Grundeinkommen sollten nach der Vorstellung der Initiatoren alle Schweizer sowie Ausländer erhalten, die seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz leben. Die Zahlungen sollten allen ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen, ohne dass dafür ein fester Job nötig ist.

Angedacht: 2.255 Euro für jeden Erwachsenen im Monat

Die Gesetzesinitiative hatte keinen Betrag für das Bedingungslose Grundeinkommen festgelegt, die Initiatoren empfahlen aber ein monatliches Einkommen in Höhe von 2.500 Schweizer Franken (2.255 Euro) für jeden Erwachsenen und 625 Franken (564 Euro) für jeden Minderjährigen. Zahlungen in dieser Höhe würden aber kaum die grundlegenden Lebenshaltungskosten in der Schweiz decken. Sie zählt zu den Ländern mit den höchsten Lebenshaltungskosten der Welt, das Durchschnittseinkommen liegt bei über 6.000 Franken (5.411 Euro) im Monat.

Die Schweizer Regierung sowie nahezu alle Parteien hatten die Bevölkerung dazu aufgerufen, das Bedingungslose Grundeinkommen abzulehnen. Sie hielten die Initiative für zu teuer und befürchteten Nachteile für die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.

Die Befürworter argumentierten hingegen, ein Bedingungsloses Grundeinkommen brächte dem Staat durch die Abschaffung von Sozialleistungen Milliardeneinsparungen.

Und Deutschland? Wäre ein Bedingungsloses Grundeinkommen ein Modell für die Bundesrepublik?

In Deutschland sind nur die Hälfte der Wahlberechtigten gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen.

Nach einer Emnid-Umfrage lehnt mit 53 Prozent eine knappe Mehrheit der Bundesbürger ein Bedingungsloses Grundeinkommen ab. 40 Prozent sind dafür.

Anja Krüger von der taz kommentiert: „Immer mehr Menschen gefällt der Gedanke, vor dem totalen finanziellen Absturz geschützt zu sein. Wem das Geld ausgeht, den erwarten seit der Einführung von Hartz IV nicht nur bittere Armut, sondern auch Demütigung und Gängelung.

Bislang haben von den Parteien nur die Piraten die Forderung nach dem Grundeinkommen im Programm – was ihren einstigen Höhenflug beflügelt hat. Hoffentlich gewinnen auch innerhalb der Grünen und der Linkspartei die BefürworterInnen bald Mehrheiten für das Modell.“

In Deutschland wären 1.000 Euro im Monat für jeden Bürger bezahlbar

Das Netzwerk Grundeinkommen, iniitiert vom Verein zur Förderung des Bedingungslosen Grundeinkommens e.V. aus  Ilsfeldin in Baden-Württemberg, rechnet in der Tagesschau vor: Zirka 1.000 Euro im Monat für jeden Bundesbürger würden 1.000 Milliarden Euro im Jahr kosten. Allein der Wegfall von direkten Sozialleistungen würde 300 Milliarden Euro im Jahr sparen. Weitere 600 Milliarden Euro im Jahr kämen durch höhere Steuereinnahmen, beispielsweise durch Wegfall der Freibeträge und Leistungen, hinzu. Diverse andere Einsparungen brächten den Rest von 100 Milliarden Euro im Jahr.

IdW: „Das Freibier muss irgendeiner bezahlen.“

Michael Hüther vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln hält dagegen: „Ein Einkommen, das man allen zur Verfügung stellt, erweckt den Eindruck, es gäbe Freibier für alle. Denn jeder weiß, auch das Freibier muss irgendeiner bezahlen. Entweder die Brauerei. Oder irgendeinander bezahlt die Rechnung. Und hier ist es so, dass das leistungsbezogene Einkommen, das finanziert werden muss, was andere dann als leistungsloses Einkommen dann vom Staat erhalten. Das kann auf Dauer in entwickelten, etablierten Volkswirtschaften nicht gut gehen.“

Für die Unterstützer des bedingunslosen Grundeinkommens ist diese Argumentation Ausdruck eines negativen Menschenbildes. Für sie ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Idee weltweit durchsetzen wird.

Die Mitglieder der Initiativgruppe Bedingungsloses Grundeinkommen in Frankfurt am Main nehmen die Volksabstimmung in der Schweiz zum Anlass, um für ihre Idee zu werben.

Wenn jeder seine Grundbedürfnisse abgesichert habe, sei dies ein Gewinn für die Gesellschaft: „Mehr leben zu können.“

Elfriede Harth von der Initiativgruppe Bedingunsloses Grundeinkommen sagte der Tagesschau: „Ich glaube ein Bedingungsloses Grundeinkommen würde uns allen viel mehr Zeit geben. Das wäre sehr wichtig. Wir werden alle weiter arbeiten. Aber vielleicht etwas weniger in manchen Dingen, wie Erwerbsarbeit, um dadurch eben mehr leben zu können.“

Zustimmung kommt nicht nur von Sozialromantikern

Thomas Jorberg, der Vorstandsvorsitzende der GLS Gemeinschaftsbank eG aus Bochum im Ruhrgebiet, der vormaligen Ökobank, sieht im Bedingungslosen Einkommen eine Maßnahme, um auf eine sich verändernde Arbeitswelt zu reagieren. „Dadurch, dass durch die Digitalisierung immer weniger Arbeit gebraucht wird, ist die Frage: Wie verteilen wir künftig die Güter und Dienstleistungen. Und Geld ist nichts anderes als ein Instrument zur Verteilung von Gütern und Dienstleistungen. Und dafür braucht es zukünftig eine andere Form. Und ich glaube, das Grundeinkommen ist ein geeignetes Mittel dafür.“

Sinn mache das Grundeinkommen nur, wenn es existenzsichernd ist, also Menschen deutlich über die Armutsgrenze hebt, meint Anja Krüger in der taz: „Es wäre ein Netz, das Menschen ohne Vermögen und am Ende der Lohnskala auffängt, Ängste nimmt und so Freiräume bei der Lebensgestaltung eröffnet. Das nicht zu wollen, muss man sich leisten können.“

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11 KOMMENTARE

  1. Verstehe auch nicht wer das dann noch eines Tages erarbeiten soll für die welche eben keinen Bock haben oder für wen auch immer . Was wenn auch der letzte nicht mehr tuckern geht. Hä der Zaster muss auch immer dafür vorhanden sein oder schmeisst man dann die Gelddruckmaschine an? Auch wenn dafür die Sozialleistungen usw. wegfallen sollen-diese leistungen können auch nur gezahlt werden wenn durch anderer Hände Arbeit Steuern gezahlt werden. Ergo wenn immer weniger Arbeiten -auch kein bedingungsloses Etwas.

  2. Falsche Entscheidung würde ich meinen!

    Nachwuch droht Gehalt auf Hartz-4-Niveau

    Ende der Wohlstands-Ära: Die Jungen werden ärmer als ihre Eltern

    http://www.stern.de/wirtschaft/geld/mckinsey-studie–die-jungen-werden-aermer-als-ihre-eltern-6971346.html

    oder auch ganz lecker: Verarmung als Megatrend – siehe auch: https://www.berlinjournal.biz/verarmung-kinder-aermer-als-eltern/

    Laut Politik müsse man sich „integrieren“ (nach Definition der Politik was das denn angeblich sei). Dazu braucht es in der heutigen Zeit üppige Geldmittel, die die meisten Leute, die angeblich „nicht integriert“ sind (auch sehr viele Deutsche), gar nicht aufbringen können.

    Auf einen Zusammenhang stieß die britische Soziologin Marii Peskow in der European Social Survey (ESS): Demnach sei die Bereitschaft zur Wohltätigkeit in egalitären Gesellschaften deutlich schwächer ausgeprägt, als in solchen mit großen Einkommensunterschieden. Die Erklärung dafür liege im sozialen Statusgewinn, den Wohlhabende in ungleichen Gesellschaften erfahren würden, wenn sie Schwächere unterstützten. In egalitären Gesellschaften herrsche hingegen das Bewusstsein vor, dass dank des Sozialstaats für die Schwachen schon gesorgt sei.

    Faulheit gilt in den westlichen Industrienationen als Todsünde. Wer nicht täglich flott und adrett zur Arbeit fährt, wer unbezahlte Überstunden verweigert, lieber nachdenkt als malocht oder es gar wagt, mitten in der Woche auch mal bis mittags nichtstuend herumzuliegen, läuft Gefahr, des Schmarotzertums und parasitären Lebens bezichtigt zu werden.

    Nein, stopp: Nur die armen Arbeitslosen fallen in die Schublade »Ballastexistenz«. Millionenerben, Banker- und Industriellenkinder dürfen durchaus lebenslang arbeitslos und faul sein. Sie dürfen andere kommandieren, während sie sich den Bauch auf ihrer Jacht sonnen.

    Früher glaubten viele Menschen an einen Gott. Wie viele heute noch glauben, da oben säße einer, der alles lenke, weiß ich nicht. Das ist auch egal. Gottes ersten Platz hat im modernen Industriezeitalter längst ein anderer eingenommen: Der »heilige Markt«. Der Finanzmarkt. Der Immobilienmarkt. Der Energiemarkt. Der Nahrungsmittelmarkt. Und der Arbeitsmarkt.

    Der Arbeitsmarkt ist, wie der Name schon sagt, zum Vermarkten von Arbeitskraft da. Wer kein Geld und keinen oder nur sehr wenig Besitz hat, verkauft sie. Die Eigentümer der Konzerne konsumieren sie, um daran zu verdienen. Das geht ganz einfach: Sie schöpfen den Mehrwert ab. Sprich: Der Arbeiter bekommt nur einen Teil seiner Arbeit bezahlt. Den Rest verrichtet er für den Gewinn des Unternehmers.

    Arbeit verkaufen, Arbeit konsumieren: So geschieht es seit Beginn der industriellen Revolution. Denn Sklaverei und Leibeigenschaft wurden ja, zumindest auf dem Papier, abgeschafft.

    Solange Furcht vor Strafe, Hoffnung auf Lohn oder der Wunsch dem Über-Ich zu gefallen, menschliches Verhalten bestimmen, ist das wirkliche Gewissen noch gar nicht zur Wort gekommen. (VIKTOR FRANKL)

    Die Todsünde der Intellektuellen ist nicht die Ausarbeitung von Ideen, wie fehlgeleitet sie auch sein mögen, sondern das Verlangen, diese Ideen anderen aufzuzwingen (Paul Johnson)

    Der Teufel hat Gewalt, sich zu verkleiden, in lockende Gestalt… (Shakespeare)

    Das Heimweh nach der Barbarei ist das letzte Wort einer jeden Zivilisation (Cioran)

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher (Voltaire)

    Die Gefahr ist, dass die Demokratie zur Sicherung der Gerechtigkeit für diese selbst gehalten wird (Frankl)

    Absolute Macht vergiftet Despoten, Monarchen und Demokraten gleichermaßen (John Adams)

    Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer (Schopenhauer)

    Unser Entscheiden reicht weiter als unser Erkennen (Kant)

    Denn mancher hat, aus Furcht zu irren, sich verirrt (Lessing)

    Die Augen gingen ihm über, so oft er trank daraus… (Goethe)

    Immer noch haben die die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen (Hölderlin)

    So viele Gefühle für die Menschheit, dass keines mehr bleibt für den Menschen (H. Kasper)

    „Die Dummheit von Regierungen sollte niemals unterschätzt werden“ (Helmut Schmidt)

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