Wegen Überstunden-Abbummelns: Bundeswehr darf nur 12 Tage zum Monats-Manöver

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„So spät schon?“ – Um 16.30 Uhr ist auch auf dem Truppenübungsplatz Feierabend. Der Übungstag ist wegen Überstundengefahr zu Ende. (Foto: Bundeswehr/Kurtze)
„So spät schon?“ – Um 16.30 Uhr ist auch auf dem Truppenübungsplatz Feierabend. Der Übungstag ist wegen Überstundengefahr zu Ende. (Foto: Bundeswehr/Kurtze)

„Es kann nicht sein, dass wir Nato-Verpflichtungen wegen drohender Überstunden nicht nachkommen können“, empörte sich der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels (54, SPD), gegenüber der BILD am Sonntag

Bartels beschreibt die Konsquenzen aus einer neuen Dienstzeitenregelung für die Bundeswehr.

So kann eine Einheit an einer für vier Wochen geplanten internationalen Übung in Norwegen nur zwölf Tage teilnehmen, da sonst zu viele Überstunden anfallen würden. Bei Nato-Partnern stößt das auf Unverständnis.

41-Stunden-Woche und Befehle zum Abbummeln der Überstunden

Mit der Verkündung des „Gesetzes zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr“ wurde im Soldatengesetz ein neuer Paragraf 30c verankert. Dieser führt erstmals eine gesetzliche Arbeitszeitregelung für Soldaten mit einer „regelmäßigen Arbeitszeit“ von 41 Stunden pro Woche ohne Pausen ein.

Die Soldatenarbeitszeitverordnung war zum Jahresbeginn in Kraft getreten. Mit ihr wird für die Truppe die EU-Arbeitszeitrichtlinie umgesetzt. Im Regelfall dürfen Bundeswehrangehörige jetzt nur noch 41 Stunden pro Woche arbeiten, Ausnahmen sind zum Beispiel im Einsatz, bei Langstreckenflügen oder im Sanitätsdienst möglich. Die Ausnahmen von der „regelmäßigen Arbeitszeit“ sind in Paragraf 30c Absatz 4 geregelt und gelten namentlich für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen. Weitere Ausnahmefälle ergeben sich unter anderem im Zuge der „Amtshilfe bei Naturkatastrophen“, bei „mehrtägigen Seefahrten“ oder „Alarmierungen und Zusammenziehungen“.

Die Arbeitskraft der Soldaten stand zu dienstlichen Zwecken bislang im Grunde ohne Einschränkung zur Disposition der Vorgesetzten – zumindest in Dienststellen ohne Anschluss an zivile Dienstvereinbarungen und elektronische Zeiterfassung. Bis zu 46 Stunden Rahmendienstzeit pro Woche einschließlich Pausen konnten im Dienstplan ohne Ausgleichsanspruch festgesetzt werden. Erst darüber hinaus entstand Anspruch auf Dienstzeitausgleich.

Ausweislich einer häufig zitierten KPMG-Studie vom Juni 2013 leisten Soldaten über alle militärischen Organisationsbereiche hinweg im Schnitt gut 48 Stunden pro Woche Dienst. Doch dieses unbegrenzte Konto an Dienstzeit, mit dem wir aasen konnten(Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen) wird es künftig so nicht mehr geben.

Mehrarbeit soll vorrangig durch Freizeit ausgeglichen werden, ein finanzieller Ausgleich bleibt aber möglich – wird aber in der Praxis nicht genutzt.

Die Folge: Die Truppe, bei der wöchentlich 270.000 Überstunden anfallen, ist zeitlich nur noch bedingt einsatzfähig.

Die Soldaten sind sauer über befohlenes Abbummeln

Beim Wehrbeauftragten der Bundesrepublik am Platz der Republik 1 in Berlin Mitte häufen sich laut BILD Beschwerden: „Der Dienstzeitausgleich werde von Vorgesetzten befohlen. Wenn Soldaten als Pendler mitten in der Woche einen freien Tag hätten, könnten viele damit nichts anfangen und würden nur am Standort rumsitzen.

Und: Beim Aufenthalt auf einem Truppenübungsplatz haben die Soldaten um 16.30 Uhr Feierabend und hängen rum. Denn der Übungstag ist wegen Überstundengefahr zu Ende. Sinnvolle Freizeitgestaltung sieht anders aus.“

Der Wehrbeauftragte und der Bundeswehrverband hatten von Anfang an davor gewarnt, dass mit der Neuregelung große Personalprobleme auf die Bundeswehr zukämen.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, sagte der „Bild am Sonntag“ nun: „Aktuell kämpfen die Streitkräfte mit Anlaufschwierigkeiten und Fehlern in der Umsetzung. Das darf natürlich nicht die Einsatzbereitschaft gefährden.“

Der Wehrbeauftragte Bartels fordert deshalb eine Reform der neuen Dienstzeiten-Regelungen und „Jahresarbeitszeitkonten“, auf die Überstunden angerechnet werden. Auch finanzieller Ausgleich sei oft angemessener als befohlenes Abbummeln.

 

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