Hollywoodgrößen trafen sich hier zum Fotoshooting. Doch vor zwei Jahren gingen beim legendären Hotel Bogota in der Schlüterstraße 45 in Berlin Charlottenburg nach 50 Jahren die Lichter aus. Der Baldachin mit dem Schriftzug Bogota wurde abgerissen. Das Hotel wird es leider nicht mehr geben. Der Hotelbesitzer Joachim Rissmann bekam am Ende die Miete nicht mehr zusammen. Die Mietschulden kletterten Ende 2013 auf 290.000 Euro. Und der Hausbesitzer Bankier und Ex-Rennfahrer Thomas Bscher (63, einstiger Chef von Bugatti) musste nun 12 Millionen Euro investieren, damit Schwamm und teilweise Einsturzgefahr beseitigt werden konnten.
Nach der jetzt abgeschlossenen aufwendigen Sanierung wollte Hausbesitzer Bscher dennoch an den alten Glanz des Bogotas anknüpfen.
Der Bauherr hatte Glück: Modedesigner Wolfgang Joop (71) nahm die Gelegenheit beim Schopfe und zog nun mit seinem Modelabel Wunderkind mit Showroom, Atelier und Verwaltung von Potsdam nach Berlin in die Schlüterstraße. Und auch der Gründer der Modemesse Bread & Butter, Karl-Heinz Müller, eröffnet im Frühjahr 2016 als neuer Mieter im Erdgeschoss einen Modeladen namens 14 oz. Insgesamt sollen auf den vier Etagen Büros für 200 Mitarbeiter einziehen. Zwei Drittel sind schon vermietet.
Zwar sitzen Joop und Müller damit nicht in der ersten Reihe, sonder „nur“ am Ku’damm um die Ecke. Aber der alte Ruf des Hauses, der vielen noch in Erinnerung ist, macht die etwas ruhigere Lage wieder wett. Ilja Richter drehte übers Bogota gar einen Dokumentarfilm. Außerdem darf die Kundschaft mit erschwinglicheren Preisen als bei den Flagship-Stores auf dem Ku’damm rechnen. Die Immobilien um die Ecke in Toplage gehören übrigens auch dem Investor Thomas Bscher: das Bulgari-Haus (Kurfürstendamm 190-192), das Haus Cumberland (Kurfürstendamm 194) oder das Commerzbank-Haus Kurfürstendamm 59 Ecke Leibnizstraße.
In den Räumen von Wunderkind im oberen Geschoss der Schlüterstraße 45 arbeitete vor dem Zweiten Weltkrieg die berühmte Fotografin Yva. Und ein gewisser Helmut Neustädter als Lehrling: Helmut Newton, Sohn einer wohlhabenden Berliner Knopffabrikantenfamilie.
Im Frühstücksraum des Hotels befand sich einst ein Kinosaal. Hier hatten die Nazis ihre Reichskulturkammer, zensierten Filme. Nach dem Krieg zog unter alliierter Regie der Filmklub ein. Jetzt sollen sich in Müllers Geschäft kaufkräftige Kunden einfinden.
1964 waren in dem 1911 ursprünglich als Wohnhaus errichteten Gebäude vier Pensionen eröffnet worden. Die Zimmer im vierten und fünften Stock vermietete der jüdische Rückkehrer Heinz Rewald, der vor den Nazis ins Exil nach Kolumbien geflohen war. In Erinnerung an diese Zeit benannte Rewald seine Pension nach der kolumbianischen Hauptstadt – das Bogota war geboren. In den folgenden Jahren übernahm Rewald die Konkurrenz in den restlichen Etagen, bis er das Hotel 1976 an den oberfränkischen Zuzügler Steffen Rissmann verkaufte. 2005 löste Joachim Rissmann seinen Vater als Inhaber ab.
Moderne Konkurrenz machte Hotel Bogota den Garaus
So viele Besucher spazieren durch die fünf Etagen des Hotels, dass sich die Frage aufdrängt, wie es je an Einnahmen mangeln konnte. Die Auslastung lag bis zuletzt mit fast 60 Prozent über dem Berliner Durchschnitt, sagte Hoteleigentümer Joachim Rissmann im Jahr 2013. Ja, vielleicht hätte er wie die Konkurrenz die Preise in Stoßzeiten vervielfachen sollen. „Aber das konnte ich nicht vertreten. Ich wollte berechenbar sein.“ Also hielt er fest an den 40 Euro für ein Einzelzimmer ohne Bad und Schnurtelefonen auf dem Flur. Während die Berliner Hotelbranche boomte, geriet das Bogota gegenüber der moderneren Konkurrenz ins Hintertreffen.
Fast 7.000 Menschen riefen den damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit im Internet und mit Unterschriften dazu auf, das Hotel zu bewahren, darunter Prominente wie Ulrich Matthes, festes Ensemblemitglied am Deutschen Theater in Berlin in der Schumannstraße 13 in Berlin Mitte.
„Soll ich meine Immobilie etwa kostenlos zur Verfügung stellen?“, begründete Hausbesitzer Bscher die Kündigung. Nun zieht mit Mode neues Leben ein.