5.400 Euro monatlich oder Putzkraft bei McDonalds? Australier verrät, warum er seinen 100.000 AUS-Dollar (65.000 Euro) Job in der Finanzbranche für eine Stelle als Reinigungskraft bei McDonalds für das halbe Gehalt und wegen besserer Work-Life Balance kündigte.
Von der Börse zu McDonalds für bessere Work-Life Balance
Was für viele nach etwas negativen klingt, war für den 48-jährigen Australier Paul ein Traum. Er arbeitet jetzt in der Nachtschicht als Reinigungskraft von 23 Uhr bis 7 Uhr morgens in einer örtlichen McDonalds Filiale und verdient damit 53.000 AUS-Dollar (34.400 Euro) im Jahr, sein Gehalt hat sich damit halbiert. Der ehemalige Finanzangestellte behauptet, er sei viel glücklicher und weniger gestresst im Leben dank seiner Entscheidung. Eine bessere Work-Life Balance steht bei immer mehr Menschen im Fokus.
Der 48-jährige Australier erklärte, dass er nach 23 Jahren in der Finanzdienstleistungsbranche die Nase voll hatte von „bescheuerten Sitzungen“ und der anstrengenden Unternehmenskultur. Obwohl er sich bei einem großen Unternehmen in Australien bis zum Teamleiter im Kundendienst hochgearbeitet hatte, war er der alltäglichen Arbeit überdrüssig.
Paul gab auch zu, dass er von einem Gefühl des drohenden Untergangs vor der Arbeitswoche überwältigt wurde – was ihn dazu brachte, seine leitende Position zu kündigen und sich auf seine eigene Work-Life Balance zu fokussieren, anstatt auf das Wohlergehen der Firma. Er sagte news.com.au:
Ich hatte es einfach satt, Leute auf eine Art und Weise zu führen, die mir nicht behagte.
Australier hat die Schnauze voll von Meetings
Der Australier ist nicht alleine mit seiner Einstellung. Ein Burnout wird von vielen Leuten schon als normal angesehen, während größere Unternehmen ihren ganzen Campus auf ein Leben am Arbeitsplatz auslegen. Für manche bedeutet Work-Life Balance unbezahlte Überstunden anzunehmen und anschließend auf dem Firmengelände ins Fitnessstudio, Café, Wellnesszentrum oder sogar ins firmeninternes Krankenhaus.
„Ein Großteil der Arbeit im Finanzdienstleistungssektor besteht nur aus Papierkram und Millionen von Leuten, die über Probleme der ersten Welt reden… Es war ein Job, in dem ich gut war, anstatt mit Leidenschaft dabei zu sein. Eines Tages bin ich aufgewacht und dachte, ich kann das nicht mehr machen. Kennen Sie dieses Gefühl, wenn Sie nicht zur Arbeit gehen wollen?“ Was Paul beschreibt trifft auf viele Jobs in der westlichen Gesellschaft zu, oder wie der Australier es nannte, die erste Welt (First World Problems).
„Es ist ein Sonntagnachmittag, man ist total angespannt und schrecklich, und ich dachte, warum tun wir uns das an?“ Manche fangen mit Yoga in der Mittagspause an oder gehen mit den Arbeitskollegen nach der Arbeit noch in eine Bar. Das Gefühl, nichts bewegendes geleistet zu haben bleibt weiterhin. Paul’s Lösung war einfach:
Lass uns pleite und arm sein und sehen, ob wir glücklicher sein können.
Australien bietet gute Work-Life Balance dank Mindestlohn
Um die Entscheidung von Paul besser nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll die australische Wirtschaft zu verstehen. Der Mindestlohn liegt in Australien bei 21,38 AUD (13,87 Euro), was in etwa 42.00 AUD pro Jahr ergibt. In der Nachtschicht verdient Paul nochmal 11.000 AUD mehr. Das durchschnittliche Bruttojahresgehalt liegt in Australien bei ungefähr 81.500 Euro, dafür liegen die Preise für Lebensmittel und Wohnungen aber auch deutlich höher.
Er behauptet, dass die Mitarbeiter unter extremen Druck gesetzt wurden, da die Chefs lieber die Mitarbeiter für Fehler bestraften, als diese entsprechend auszubilden. Und da das Unternehmen versuchte, mit dem digitalen Zeitalter Schritt zu halten, seien die Mitarbeiter zu übermäßigen Überstunden gezwungen worden, so der Vater mit neuer Work-Life Balance.
Paul begann verzweifelt, sich durch Jobbörsen zu klicken, in der Hoffnung, ein neues Unternehmen in einem neuen Sektor zu finden, wurde aber aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit im Finanzwesen zurückgewiesen. Schließlich wagte er den Sprung und bewarb sich um eine Stelle als Reinigungskraft bei McDonalds für sein halbes Gehalt.
Umdenken im Arbeitswesen
In Deutschland wird in letzter Zeit ebenfalls vermehrt über die Work-Life Balance diskutiert. Die Einführung einer 32h-Woche, bessere Arbeitsverhältnisse, Grundeinkommen und Mindestlohn liegt auf dem Tisch der Ampel-Koalition. Eine australische Umfrage ergab, dass 2 Millionen Menschen in den nächsten sechs bis 12 Monaten bereit sind, ihren Job wegen einem Burnout oder Unzufriedenheit zu kündigen.
Seit Anfang der Pandemie hat sich „The Great Resignation“ verbreitet und sorgt dafür, dass die Arbeitskräfte mehr über ihre eigene Work-Life Balance nachdenken. Besonders in den westlichen Ländern tritt dieses Phänomen auf. In Deutschland haben im letzten Jahr ca. 6 % der Kündigungen im Zusammenhang mit COVID-19 und einem Wechsel in die „Arbeiterklasse“ stattgefunden. Paul liebt seinen Karrierewechsel und verbringt mehr Zeit mit seiner Familie, anstatt sich über seinen anstrengenden Finanzjob zu ärgern.
„Ich hatte ein neues Gerät, und der Spaß, den ich hatte, und die Befriedigung, die ich empfand, als die Böden doppelt so gut wurden, waren einfach toll… Nur putzen. Wenn es schmutzig ist, putze ich es.“ Der dreifache Familienvater fügte hinzu:
Wenn ich jetzt nach Hause komme, bin ich im Haus aktiver und gehe wieder meinen Hobbys nach, weil mein Gehirn nicht erschöpft ist.
(TB)