Am 7. Oktober 2015 muss sich der Vermögensausschuss des Berliner Parlaments mit einem Pachtvertrag befassen, den das Land Berlin vor vier Jahren mit dem Deutschen Jugendherbergswerk DJH abgeschlossen hat.
Der Vertrag sichert dem DJH 35 Jahre lang (30 Jahre plus 5 Jahre Verlängerungsoption) Pachtfreiheit für Berlins größte Jugendherberge zu.
Verteidigt wird der Vertrag von Jugendstaatssekretärin Sigrid Keba (SPD) unter anderem damit, dass ja das Backsteingebäude in der Marktstraße 9 bis 12 (ehemals Sitz der Fachschule für Wirtschaft, die auf den Campus Schöneweide zog) in Rummelsburg am Bahnhof Ostkreuz in Berliner Besitz bleibe und der Pächter knapp zehn Millionen Euro investieren müsse, um die Jugendherberge erstmal als solche eröffnen zu können.
Tatsächlich will die gemeinnützige Betreibergesellschaft des DJH zehn Millionen Euro in die Sanierung und den Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes investieren. Das DJH hat am 13. August 2015 Richtfest für ihre vierte und modernste Jugendherberge gefeiert.
Die Jugendherberge Berlin Ostkreuz hat nach der Fertigstellung 445 Betten in Zimmern für die 1-, 2- und Mehrbettbelegung. Alle Zimmer, darunter 18 barrierefreie, sind mit Dusche/WC ausgestattet. Mit 18 Veranstaltungsräumen und einer Aula mit Platz für 180 Personen eignet sich das Haus auch für Seminare, Weiterbildungsveranstaltungen und andere Gruppenreisen.
Jacob Geditz, Geschäftsführer der Jugendherberge Berlin Ostkreuz gGmbH, blickt der offiziellen Eröffnung des Hauses am 1. Juli 2016 gespannt entgegen: „Jährlich erwarten wir bis zu 100.000 Übernachtungen.“ Eine Übernachtung mit Frühstück soll es ab 25 Euro geben.
Der Pachtvertrag für die Jugenherberge Berlin Ostkreuz gGmbH erlässt dem Betreiber nicht nur die Pacht, die Investitionen dürfen auch mit jährlichen Unterhaltsmaßnahmen für das Gebäude verrechnet werden.
Die Abgeordnete Clara Herrmann Bündnis 90/Die Grünen befürchtet, dass der Senat nach 30 Jahren ein abgewirtschaftetes Haus zurückerhalten könne.
Auf eine parlamentarische Anfrage zu dem Null-Euro-Pachtvertrag konnte man ihr mit Hinblick auf ein laufendes Gerichtsverfahren keine Auskunft darüber geben, wie hoch denn eine vergleichbare Pacht ausfallen müsste.
Das weiß aber der DJH-Konkurrent A&O Hotel and Hostel Friedrichshain GmbH, der zu einer Gruppe gehört, die 26 Häuser mit 20.000 Betten betreibt. Die A&O Hotel and Hostel Friedrichshain GmbH hat vor dem Verwaltungsgericht gegen das Land Berlin Klage erhoben und wirft dem Land Berlin wegen des Vertrags mit dem DJH unlauteren Wettbewerb vor. Durch die Unterstützung des Senats entstehe dem Herbergswerk ein Wettbewerbsvorteil, so die Anwälte der A&O.
Sie wollen erreichen, dass das DJH einen „marktüblichen Pachtzins“ zahlen muss und veranschlagen ihn auf rund 600.000 Euro im Jahr. Über 30 Jahre ergebe sich eine Summe von rund 18 Millionen Euro. Auch zu diesem Punkt erwarten die Grünen Aufschluss am 7. Oktober 2015 im Vermögensausschuss, der nicht öffentlich tagt.